Das diesjährige Filmfestival endete in einer glanzvollen Veranstaltung im Sportpalast mit der Verleihung der Hauptpreise. Das Publikum folgte aufmerksam den Ankündigungen der Auszeichnungen sowie den musikalischen Darbietungen aus Senegal und Burkina Faso.
Den Etalon d’or gewann Khadar Ahmed, Somalia, mit „La femme du Fossoyeur“(Die Frau des Totengräbers). Gular und Nasra mit ihrem Sohn Mahad sind mit großen Herausforderungen konfrontiert. Ihr Mann Gular verdingt sich auf verschiedene Weise, um das Notwendige für seine Familie zu sichern. Die erforderliche Operation seiner kranken Frau lässt die Familie erneut auf hohe Hindernisse stoßen. Dieser Film wurde ebenso ausgezeichnet mit der besten Musik.
Der Etalon d’argent ging an Gessica Geneus Haiti, mit „Freda“. Freda lebt mit ihrer Schwester und ihrem Bruder in sehr bescheidenen Verhältnissen. Traumatisiert durch ihre Kindheitserlebnisse will sie durch ein Studium ein anderes Leben als die Frauen in ihrer Umgebung. Doch die frühen Erlebnisse brechen mit Gewalt an die Oberfläche. Prämiert mit dem besten Ton van Bottelbergne.
Den Etalon de bronze erhielt Leyla Bouzid, Tunesien mit „ Une histoire d’amour et de désir“ (Eine Geschichte von Liebe und Verlangen). Ahmed ist 18 Jahre, Franzose mit algerischem Hintergrund, er wächst im Pariser Außenbezirk auf. Beim Studium der Literatur trifft er Farah, voller Energie und Ideen, eine junge Frau aus Tunesien, die neu in Paris ankommt. Gemeinsam entdecken sie nicht nur die erotische und sensuelle arabische Literatur. Sie verlieben sich, nach mancherlei Missverständnissen gelingt es den beiden, sich vorsichtig anzunähern.
Den Preis des burkinischen Präsidenten für den Film “Apres ta révolte ton vote“ (Nach deiner Revolte, deine Stimme“) konnte Kiswendsida Parfait Kabore, Burkina Faso, in Empfang nehmen. Nach den Ereignissen des Oktobers 2014 und einem Jahr des politischen Übergangs sind die Burkiner aufgerufen, ihre Stimme für einen Machtwandel abzugeben. Die Bürgerorganisation „Le Balai citoyen“ hat maßgeblich zum Sturz des früheren Präsidenten Blaise Compaoré beigetragen. Der Film versucht die Frage zu beantworten, ob sich die Demokratie durchsetzen kann, oder ob es eine Neuauflage des alten Regierungsclans geben wird.
Der zweite Preis des burkinischen Präsidenten als bester Film ging an „ Les Traces d’un migrant“ ( Die Spuren eines Migranten) von Delphine Yerbanga, Burkina Faso.
Besondere Erwägung fand der Film „La Traversée“ (Die Überquerung) von Irène Tassembedo, Burkina Faso. Sie hat eine aktuelle Thematik aufgearbeitet. Er lädt nicht nur zum Schmunzeln oder herzhaften Lachen ein, sondern auch zum Nachdenken. Nach 10 Jahren in Italien kommt Djibi zurück. Im Kontakt mit den Jugendlichen, die sich sehnlichst wünschen, außer Landes zu kommen, schließt er einen Vertrag. Ein überraschendes Ergebnis erwartet den Zuschauer.
In der Kategorie Perspektiven wählte die Jury „Tug of war“, Amil Shivji, Tansania. Denge trifft in der Nacht Yasmin, die sich mit einem Mann, der dreimal so alt ist wie sie, verloben will. Durch diese zufällige Begegnung ensteht eine Menge Möglichkeiten für die verliebten Unglücklichen.
Der dritte Preis in der Kategorie Perspektiven ging an Joel Richmond Mathieu Akafou, Elfenbeinküste mit „Traverser“ (Überqueren). Aus der Elfenbeinküste kommend ist er in Italien gelandet. Sein Traumland ist Frankreich. Er ist bereit alles zu tun, um seinen Traum verwirklichen zu können.
Poulain de bronze erhielt der Kurzfilm „Nuit debout“ (Die Nacht steht auf), Nelson Makengo, Demokratische Republik Kongo. Der Film wirft ein Licht auf die hereinbrechende Nacht in einem Arbeiterviertel. Er vergleicht die Nacht, wie ein Küken ohne Mutter, wie ein Topf ohne Deckel, wie ein Haus ohne Fenster, ohne Türen, eine Tür ohne Schloss, ein Schloss ohne Schlüssel.
Poulain d’argent ging an den Kurzfilm „Je me suis mordue la langue“ (Ich biss mir auf die Zunge), Nina Khada, Frankreich/Algerien. Eine Rückkehr in ihr Land Algerien ist ihr nicht möglich. Deshalb entscheidet sich die Protagonistin für ein anderes Land. In der tunesischen Stadt sucht sie ihre algerische Sprache.
Mit dem Poulain d’or prämiert wurde „Etherealiy“ Kantarama Gahigiri, Ruanda. Verloren nach 30 Jahren im Exil. Wie ist es nach dieser Zeit, wieder nach Hause zu kommen? Der Film ist eine Reflexion über das Phänomen der Migration und die Gefühle der Zugehörigkeit.
In der Reihe Dokumentarfilme ist der Etalon de bronze mit “Makongo“ an Elvis Sabin Gaibino, aus der Zentralafrikanische Republik, überreicht worden. André und Albert, zwei junge Männer, leben an der Grenze zum Kongo und der Zentralafrikanischen Republik. Trotz der vielen Hürden und der Stigmatisierung in der Schule, kämpfen sie für ihr Studium und dafür, dass alle Kinder ihres Dorfes Aka die Schule besuchen und nicht aus Mangel an finanziellen Mitteln ausgeschlossen werden. Mit allerlei Hilfsmitteln und dem Verkauf von gerösteten Raupen versuchen sie den Schulbesuch der Kinder zu unterstützen. Bedrückend die Szene, in der ein Mädchen weint, weil die Mittel für die Schüler nicht ausreichen.
Etalon d’argent für „Marcher sur l’eau » (Auf dem Wasser gehen), Aissa Maiga, Senegal. Der mit Spezialpreisen ausgezeichnete Dokumentarfilm weist in ruhigen Bildern die Realitäten im Sahel den Mangel an Wasser auf, lebensnotwendig für das tägliche Dasein. Die Dorfbewohner erlauben es der Produzentin an ihrem Leben beobachtend teilzunehmen.
Etalon d’or konnte für “Garderie nocturne“ (Nachtwache) an Mamouni Sanou überreicht werden. Der Film stellt Fragen nach dem Platz der Frauen, die ihr Gewerbe des Nachts ausüben, in der (afrikanischen) Gesellschaft. Der Dokumentarfilm wurde ebenso mit dem Preis der Stadt Ouagadougou ausgezeichnet.
Poulain de bronze für « Zalassi“, Carine Bado, Burkina Faso. Der Film dreht sich um das 11jährige Mädchen Zalissa. Sie verkauft am Abend Erdnüsse, um zum Unterhalt ihrer Familie beizutragen. Zalissa träumt von einem besseren Leben, sie verstrickt sich in Lügen, Diebstahl und Prostitution. Der Film will auf die Problematik der nächtlichen Kinderarbeit hinweisen, und auf die Schwierigkeiten, Kinder in der Schule zu halten.
Poulain d’argent für „Amani“ Alliah Fafin, Ruanda. Zwischen Realität und Fantasie schwankt die Erzählung über den Jungen, der das Tanzen liebt. Er genießt es mit Unbesorgtheit und Freude. In der Nacht jedoch weicht die Freude einem Schmerz in der Stille der weiten Landschaft.
Poulain d’or für „Les tissues blancs“ von Moly Kane, Senegal. Zuzana steht kurz vor ihrer Hochzeit. So schnell wie es ihr möglich ist, versucht sie ihre Vergangenheit auszulöschen, um dem zu entsprechen, was von ihr als Frau erwartetet wird.
Den Preis für das beste Scenario erhielt „Les Anonymus“ (Die Namenslosen) von Colombe Mukesimana, Ruanda. Ein junges Paar durchlebt gemeinsam die Schwierigkeiten, zwischen Gefühlen und Hoffnungslosigkeit. Der Film legt das Augenmerk auf Menschen, die in einer der weltweit am schnellsten wachsenden Stadt, Ruandas Hauptstadt Kigali, keinen Platz zum Leben finden.
Für die besten Aufnahmen ausgezeichnet wurde Pierre de Villiers, Lesotho mit dem Film „This is not a Burial, it’s a Resurrection“ (Es ist keine Bestattung, es ist eine Wiederauferstehung). Erzählt wird wie sich Mantao, eine 80jährige Witwe, auf das Sterben vorbereitet. Als aber mit Gewalt für ein Wasserreservoir die Bevölkerung umgesiedelt werden soll, findet sie neue Kraft weiterzuleben. Unterstützung findet sie in ihrer Dorfgemeinschaft. Die letzten dramatischen Momente ihres Lebens machen Mantao zu einer unsterblichen Legende.
Für die beste Dekoration ging der Preis an „La nuit des rois “ (Die Nacht der Könige) von Philippe Lacote, Elfenbeinküste. Das Gefängnis von Abidjan ist eines der Überfülltesten in Westafrika. Um seine Macht zu behalten, besteht „Barbe Noire“ auf einem Ritual, die ganze Nacht Geschichten zu erzählen. Jeder der Gefangenen muss diesem Ritual folgen.
Für die beste Montage ausgezeichnet wurde „Souad“ von Khaled Moeit, Ägypten. Souad, 19 Jahre, lebt zwischen den religiösen und konservativen Hindernissen, die ihr ihre Familie aufdrängt und einer geheimnisvollen und Fantasiewelt der sozialen Medien. Sie ist verloren zwischen zwei Welten, ihre Ambitionen werden von der Realität zerstört
Zusätzlich zu den bereits erhaltenen Sonderpreisen ist als beste weibliche Interpretin Zainab Jah in „Farewell Amor“ und als bester männlicher Interpret Alassanw Sy in „ Le père de Nafi“ ausgezeichnet worden. (Theresa Endres).