Insiderberichte von Jeune Afrique enthüllen das politische Drama, das sich seit über einem Jahr hinter den Kulissen in Gabun abspielt. Das panafrikanische Magazin beleuchtet den erbitterten Machtkampf zwischen General Oligui Nguema und der in Ungnade gefallenen Familie Bongo. Zwischen harten finanziellen Verhandlungen, umstrittenen Haftbedingungen und subtilen diplomatischen Manövern zeigt der Artikel die Dynamik eines Konflikts, der nicht nur die Zukunft einer Dynastie, sondern auch das Gesicht des post-Bongo-Gabun neu definiert. Ein kleiner Einblick in eine politisch-finanzielle Saga mit internationalen Verzweigungen.
In diesem Machtkampf, der ehemalige Verbündete zu erbitterten Feinden gemacht hat, will das neuen Regime einen systematischen Abbau des Bongo-Imperiums. Laut Jeune Afrique forderte der gabunische Staat unter anderem einen Privatjet ein, den die Familie Bongo im Leasing nutzte: eine Boeing 737 P4-BBJ, die in Basel, Schweiz, stationiert ist. Zwar wurde das Protokoll nie von beiden Parteien unterzeichnet, aber die Übertragungsdokumente für dieses Flugzeug wurden im August unterzeichnet. Diese Konzession, die im August abgerungen wurde, ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. In seinem Streben nach „Rückgabe“ hat das neue Regime auch ein Auge auf die Familienanteile an Forafric Energy geworfen, einem undurchsichtigen Ölunternehmen, das im Steuerparadies der Bahamas gegründet wurde.
Das menschliche Drama hinter den Kulissen
Neben diesen finanziellen Verhandlungen spielt sich jedoch auch ein menschliches Drama ab. Während die Öffentlichkeit in Gabun glaubt, dass sie in der berüchtigten Zentralgefängnis von Libreville „Sans-Famille“ festgehalten werden, sind Sylvia Bongo Ondimba und ihr Sohn Noureddin abgeschottet im Keller des „Palais du bord de mer“, des Präsidentenpalasts, untergebracht. Jeune Afrique berichtet: „Im Untergeschoss des Palais du bord de mer sind Sylvia Bongo Ondimba und ihr Sohn Noureddin Bongo Valentin seit mehreren Monaten im selben Raum eingesperrt. Sie haben weder Zugang zu Kommunikationsmitteln noch zu Besuchern und, laut ihren Anwälten, keinen Zugang zu rechtlicher Beratung.“
Die Familie geht juristisch auf internationaler Ebene dagegen vor. Eine Klage wegen „willkürlicher Festnahme“ und „Entführung“ wurde in Paris eingereicht, um Druck auf das Oligui-Nguema-Regime auszuüben. Kürzlich wurde diese juristische Offensive noch intensiviert: Als Brice Clotaire Oligui Nguema am 2. Oktober in Paris zum Gipfeltreffen der Organisation Internationale de la Francophonie (OIF) eintraf, richtete das Anwaltsbüro Zimeray und Finelle einen Brief an die Generalsekretärin der OIF, Louise Mushikiwabo, in dem es heißt, „eine oder mehrere der in dieser Klage genannten Personen sind Teil der Delegation der Republik Gabun“. Dies ist eine klare Strategie, den Konflikt zu internationalisieren und das neue Regime zur Verantwortung auf der globalen Bühne zu zwingen.
Zwischen Diplomatie und Machtkampf: Die Zukunft Gabuns steht auf dem Spiel
In dieser brisanten Situation agiert Ali Bongo Ondimba auf einem schmalen Grat. Seit September 2023 darf der ehemalige Präsident das Land verlassen, zeigt jedoch eine familiäre Loyalität, die die Dinge kompliziert. Sein Weigern, ohne seine Frau und seinen ältesten Sohn auszureisen, zeugt von einer Solidarität, die paradoxerweise ihr gemeinsames Leid verlängern könnte.
Ein Brief von Ali Bongo vom 18. September kann als Versuch angesehen werden, die Lage zu entschärfen. Darin erklärt er seinen Rückzug aus der Politik und das „definitive Verzicht auf jede nationale Ambition“. Dies sollte auch für Sylvia und Noureddin gelten, die er als „Sündenböcke“ betrachtet. Doch ob diese ausgestreckte Hand die Haltung von General Oligui Nguema ändern wird, bleibt abzuwarten.
Im Hintergrund dieser Verhandlungen zeichnet sich das Bild eines neuen Gabuns nach der Ära Bongo ab. Das neue Regime, das nach Legitimität strebt, steht auf der einen Seite unter der Druck, dem Volksverlangen nach Gerechtigkeit und Rückgabe nachzukommen, möchte aber auf der anderen Seite nicht als rachsüchtige Regierung auf der internationalen Bühne auftreten.
Die Teilnahme von General Oligui Nguema am OIF-Gipfel in Paris unterstreicht dieses Dilemma. Die rechtliche Offensive des Anwaltsbüros Zimeray und Finelle und der Brief an die Generalsekretärin der Organisation konfrontieren den General erneut mit den innenpolitischen Realitäten, während er versucht, das internationale Image des Landes zu normalisieren.
Letztlich übersteigt diese politische und rechtliche Saga den Rahmen eines bloßen Familienkonflikts. Sie wirft die entscheidende Frage auf, wie die demokratische Transition in einem Land vonstattengeht, das lange Zeit von einer Clan-basierten Herrschaft geprägt war. Der Ausgang dieser Verhandlungen wird nicht nur das Schicksal der Familie Bongo, sondern auch die Zukunft des neuen Gabun prägen. Eines ist sicher: Ganz gleich, wie dieser Machtkampf endet, das Gabun von morgen wird nicht mehr das gleiche sein wie das von gestern. (Quelle: gabonreview)