GFF, PRO ASYL und LSVD unterstützen Beschwerde gegen erweitertes Ausländerzentralregister: Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) erhebt gemeinsam mit PRO ASYL, dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) und elf geflüchteten Menschen Verfassungsbeschwerde gegen das novellierte Gesetz zum Ausländerzentralregister (AZR). Die Verfassungsbeschwerde richtet sich dagegen, dass Asylbescheide und Gerichtsentscheidungen im AZR im Volltext gespeichert werden. Diese Dokumente enthalten häufig hochsensible Informationen etwa zur individuellen Verfolgung, politischen Überzeugung oder sexuellen Orientierung. Darüber hinaus wenden sich die Organisationen gegen den uneingeschränkten Zugriff von Polizei und Geheimdiensten auf die Daten im AZR.
Parallel zur Verfassungsbeschwerde klagt das Bündnis mit zwei Geflüchteten vor dem Verwaltungsgericht Ansbach auf Unterlassung der Weitergabe ihrer Daten an Polizei und Geheimdienste. Das erweiterte AZR verletzt Grundrechte und gefährdet Asylsuchende.
„Geflüchtete suchen in Deutschland Schutz vor Verfolgung. Mit ihren persönlichen Daten müssen wir besonders vorsichtig umgehen. Stattdessen präsentieren wir sie möglichen Verfolgern auf dem Silbertablett. Bei hunderttausenden Zugriffsberechtigten ist es für Geheimdienste aus den Verfolgerstaaten oder für rassistische Straftäter*innen mit Verbindungen in deutsche Behörden ein Leichtes, an das Profil eines Geflüchteten samt Adresse zu gelangen“, kritisiert Sarah Lincoln, Rechtsanwältin und Verfahrenskoordinatorin bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).
Im AZR werden alle Menschen erfasst, die ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland leben. Insgesamt können etwa 16.000 öffentliche Stellen und mehr als 150.000 Behördenmitarbeiter*innen auf das Register zugreifen, neben den Ausländerbehörden unter anderem auch Jobcenter, Jugendämter, Bundes- und Landespolizei, der Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst.
„Ich wurde in der Türkei wegen meines prokurdischen Engagements verfolgt und gehe auch in Deutschland auf prokurdische Demonstrationen und Veranstaltungen. Ich möchte nicht, dass sich Sicherheitsbehörden im Ausländerzentralregister über meine politischen Überzeugungen informieren können“, sagt Miran*, einer der elf Kläger*innen.
„Queere Geflüchtete müssen fürchten, dass künftig zahlreiche Behördenmitarbeitende ihre sexuelle Orientierung bzw. geschlechtliche Identität und intimste Details ihrer Lebens- und Verfolgungsgeschichte nachlesen können. Das verletzt ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“, warnt Philipp Braun aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD).
„Der fährlässige Umgang mit den Daten Geflüchteter reiht sich ein in die derzeitige Tendenz der Bundesregierung, die Grundrechte von geflüchteten und migrierten Menschen zu beschneiden, um in der aufgeheizten Stimmung vermeintlich zu punkten“, sagt Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.
Die GFF, PRO ASYL und der LSVD wollen gemeinsam mit den Kläger*innen erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht die grundrechtlichen Grenzen für die Speicherung von Daten geflüchteter Menschen klarzieht. Die Verfassungsbeschwerde wurde von Matthias Bäcker, Professor für Öffentliches Recht und Informationsrecht mit dem Schwerpunkt Datenschutzrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, verfasst. Rechtsanwalt Matthias Lehnert vertritt die Kläger*innen vor dem Verwaltungsgericht. (PM PRO ASYL)