Gewalt in Kamerun: Über 700.000 Kinder von Schulschließungen betroffen

Gewalt in Kamerun: Über 700.000 Kinder von Schulschließungen betroffen
©ECW

Mehr als 700.000 Kinder sind aufgrund der Gewalt in den Regionen Nordwest und Südwest Kameruns von Schulschließungen betroffen, so eine aktuelle Analyse des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA). Während eines gemeinsamen Besuchs im Land in dieser Woche riefen der Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrats (NRC), Jan Egeland, und die Direktorin des Fonds Bildung ohne Verzögerung (Education Cannot Wait, ECW), Yasmine Sherif, dazu auf, die Angriffe auf die Bildung in Kamerun zu beenden.

„Es handelt sich derzeit um eine der komplexesten humanitären Krisen weltweit. Kinder und Jugendliche sind gezwungen, ihre Häuser und Schulen zu verlassen. Sie sind mit Gewalt konfrontiert, Entführungen ausgesetzt, werden früh verheiratet und für bewaffnete Gruppen rekrutiert“, sagte Yasmine Sherif. „Wir fordern die Geber dringend auf, Nothilfe zu leisten, um die Reaktion auf diese weltweit am meisten vernachlässigte Krise zu unterstützen. Wir rufen dazu auf, die Menschenrechte zu achten und sich an die Grundsätze des humanitären Völkerrechts und die Erklärung zur Sicherheit in Schulen zu halten. Wir rufen die Partner auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, damit alle Kinder und Jugendlichen wieder qualitativ hochwertige Lernumgebungen vorfinden, die Sicherheit, Schutz und Hoffnung bieten.“

Laut OCHA sind in den Regionen Nordwest und Südwest von Kamerun zwei von drei Schulen geschlossen. Am 24. November wurden vier Kinder und eine Lehrerin bei einem Angriff in Ekondo Titi in der Region Südwest getötet.

Vor kurzem wurde vom 15. September bis zum 2. Oktober von einer nichtstaatlichen bewaffneten Gruppe eine Ausgangssperre verhängt, die den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, einschließlich Gesundheit und Bildung, einschränkte. In diesem Zeitraum berichtete OCHA von mehreren Überfällen im Nordwesten. Acht Schüler wurden entführt und einem Kind wurden die Finger abgeschnitten, nachdem es versucht hatte, zur Schule zu gehen. Fünf Direktoren staatlicher Schulen wurden ebenfalls entführt, wobei einer von ihnen getötet wurde.

Während der Ausgangssperre schlossen alle Schulen und gemeinschaftlichen Lernorte ihre Türen, mit wenigen Ausnahmen in einigen städtischen Gebieten, wo die offenen Einrichtungen mit weniger als 60% ihrer üblichen Schülerzahl betrieben wurden. Aufgrund der Unterbrechung der humanitären Aktivitäten waren rund 200.000 Menschen von der Nahrungsmittelhilfe abgeschnitten.

Aufgrund der Unsicherheit sahen sich die UN-Organisationen und Hilfsorganisationen, darunter auch der Norwegische Flüchtlingsrat, gezwungen, die Bereitstellung lebensnotwendiger Hilfsgüter für die Bedürftigen in den Regionen Nordwest und Südwest vorübergehend einzustellen.

„Nur weil man einen Schulranzen hat, sollte man nicht zur Zielscheibe werden. Dennoch riskieren hier Kinder jeden Tag ihr Leben, nur weil sie zur Schule gehen. Der absolute Notstand im Bildungssektor Kameruns verdient internationale Aufmerksamkeit und nicht das tödliche Schweigen der Außenwelt“, sagte Jan Egeland.  „Die Situation in Kamerun ist eine der am meisten vergessenen Krisen der Welt. Das Land belegt seit drei Jahren in Folge den ersten oder zweiten Platz auf der vom Norwegischen Flüchtlingsrat erstellten Rangliste der am meisten vernachlässigten Vertriebenen-Krisen. Solange die internationale Gemeinschaft ihre Hilfe und ihr diplomatisches Engagement nicht intensiviert, werden Kinder weiterhin die Hauptopfer der Gewalt sein.“

In Kamerun leiden neun von zehn Regionen weiterhin unter den Auswirkungen von mindestens einer der drei folgenden komplexen humanitären Krisen: der Krise im Nordwesten und Südwesten, dem Konflikt im Hohen Norden und der Krise der zentralafrikanischen Flüchtlinge. Mehr als eine Million Kinder benötigen aufgrund dieser kombinierten Krisen dringend Bildungshilfe.

Um diese multiplen Notlagen, die durch COVID-19 und die Auswirkungen des Klimawandels noch verschärft werden, zu überwinden, arbeitet ECW – der globale Bildungsfonds der Vereinten Nationen für Notfälle und langanhaltende Krisen – eng mit den UN-Organisationen, dem Norwegischen Flüchtlingsrat und zivilgesellschaftlichen Partnern aus dem Bildungssektor zusammen, um ein mehrjähriges Resilienzprogramm für Kamerun zu entwickeln. ECW wird über einen Zeitraum von drei Jahren 25 Millionen US-Dollar beisteuern und ruft andere Geber dazu auf, 50 Millionen US-Dollar zu mobilisieren, um die geschätzten Gesamtkosten des Programms zu finanzieren. Bei voller Finanzierung wird das Programm etwa 250.000 Kindern in den am stärksten von Krisen betroffenen Gebieten den Zugang zu sicheren und schützenden Bildungsumgebungen ermöglichen.

Das Programm baut auf den Erträgen von ECWs Nothilfe-Erstinvestition in Kamerun auf, die derzeit umgesetzt wird. Die im Mai angekündigte Investition soll sicherstellen, dass Flüchtlingskinder aus der Zentralafrikanischen Republik Zugang zu hochwertigen und schützenden Bildungsumgebungen haben. (ECW u.a., übermittelt von unicef)