IFRC und SOS MEDITERRANEE fordern dringend einen näheren sicheren Hafen für Überlebende von Tragödien im Mittelmeer

IFRC und SOS MEDITERRANEE fordern dringend einen näheren sicheren Hafen für Überlebende von Tragödien im Mittelmeer
Foto: Johanna De Tessières / SOS MEDITERRANEE

Marseille, Berlin, Mailand, Budapest, Genf: 16. März 2024: Zwei Tage nachdem mehr als 60 Menschen auf einem Schlauchboot im zentralen Mittelmeer ums Leben kamen, befinden sich immer noch Überlebende von Rettungseinsätzen dieser Woche an Bord der Ocean Viking, Tage entfernt von dem zugewiesenen “sicheren Hafen”. Die Teams an Bord der Ocean Viking führten in dieser Woche innerhalb von 48 Stunden vier separate Rettungseinsätze durch und retteten 361 Männer, Frauen und Kinder aus lebensgefährlichen Bedingungen auf See.

In einem der Rettungseinsätze wurden 25 Menschen von einem Schlauchboot gerettet, auf dem mehr als 60 Personen starben, bevor Hilfe eintraf. Diese 25 Personen wurden nun an Land gebracht. Zwei mussten mit dem Hubschrauber evakuiert werden, einer davon verstarb später. Nach vielen erfolglosen Anfragen, im nächstgelegenen “sicheren Hafen” anlanden zu dürfen, wurden die verbliebenen 23 Überlebenden vor der sizilianischen Hafenstadt Catania auf ein Schiff der italienischen Küstenwache transferiert, um die dringend erforderliche medizinische Versorgung an Land zu erhalten.

Die 336 Überlebende von den anderen drei Rettungen sind dagegen immer noch an Bord der Ocean Viking, die jetzt auf dem Weg in das ca. 1450km von der Rettungszone entfernte Ancona ist. Dies bedeutet weitere Tage auf See für die ohnehin geschwächten und traumatisierten Geretteten.

Die Tragödien dieser Woche verdeutlichen erneut die Schwere der anhaltenden Krise im zentralen Mittelmeer, der tödlichsten Fluchtroute weltweit. SOS MEDITERRANEE und IFRC setzen ihre gemeinsame lebensrettende Mission auf See weiter fort. Die derzeitig bereitstehenden Rettungskapazitäten reichen für die humanitären Notlage in der Region nicht aus. Die Einschränkung des Zugangs zur Hilfe in Seenot verstößt gegen die im internationalen Recht verankerten Pflicht zur Rettung von in Seenot geratenen Menschen. SOS MEDITERRANEE und das IFRC fordern die europäischen Staaten auf, die Rettung von Menschenleben zu garantieren, das Seerecht und die Menschenrechte an der Südgrenze Europas zu wahren.

„Diese Überlebenden benötigen dringend eine angemessene Versorgung, und das bedeutet, sie so schnell wie möglich in einen sicheren Hafen zu bringen“, sagte Jennifer Vibert, Operationsleiterin der Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC). „Die Hälfte der Überlebenden ist sehr jung – Kinder oder Teenager – viele wurden in einem sehr fragilen physischen und mentalen Zustand vorgefunden. Die Mehrheit litt unter schwerer Dehydratation, einige hatten Meerwasser getrunken. Andere erlitten Verbrennungen durch den Treibstoff und das Meerwasser, das sich im Schlauchboot sammelte. Die medizinischen Teams an Bord der Ocean Viking leisteten die erste medizinische Versorgung und stellten lebenswichtige Hygieneartikel, Lebensmittel und Wasser bereit. Aber die Überlebenden benötigen dringend landgestützte Versorgung.“

„Mit schwerem Herzen denken wir an die verlorenen Menschenleben und das erfahrene Leid. Es ist wichtig zu verstehen, was von der Abfahrt des Boots bis zur Entdeckung der Überlebenden geschah, damit sich eine solche Tragödie nicht wiederholt.“, erklärte Soazic Dupuy, die Einsatzleiterin von SOS MEDITERRANEE.

Geschichten/Perspektiven von Überlebenden: 
Ein Mann erzählte einem de Teammitglieder, dass er seine Frau und sein anderthalbjähriges Baby verloren habe. Das Baby starb am ersten Tag, gefolgt von der Mutter am vierten Tag. Die Überlebenden berichteten, dass zwei Hubschrauber über sie geflogen seien. Sie haben Zeichen gegeben, in der Hoffnung, gerettet zu werden, aber nichts geschah.

Viele der Überlebenden leiden unter Verätzungen durch Treibstoff, die sich infizieren können und ein erhebliches Risiko für systemische Infektionen und Sepsis darstellen. Darüber hinaus benötigen zwei Überlebende intravenöse Antibiotika, eine weitere Person zeigt Warnzeichen einer Sepsis, die stationäre Behandlung erfordert. (SOS MEDITERRANEE)