Neun Monate waren die Schulen aufgrund der Corona-Pandemie in der Region Nyakach, Kisumu Country im Westen Kenias geschlossen. Nach der Wiedereröffnung fehlt durch die massiv gestiegene Arbeitslosigkeit im Land oft das Geld für Schulgebühren und -uniformen. Vor allem Waisenkinder, die bei Verwandten leben, können nur unregelmäßig am Unterricht teilnehmen. Um betroffene Familien zu unterstützen, organisierte Dentists for Africa e. V. (DfA) im Februar und März 2021 Landwirtschaftsseminare für 500 Waisen und jeweils einen Erziehungsberechtigten. Die Kinder lernten nachhaltige Methoden für den Anbau und die Hühnerhaltung kennen. Zusätzlich wurden Sämereien an die Teilnehmenden ausgegeben. Das Projekt wurde durch Spendengelder des Vereins BILD hilft e.V. „Ein Herz für Kinder“ bezuschusst.
Felix Odhiambo Oluoch erläuterte als Vertreter des Landwirtschaftsministeriums im Rahmen der Seminare, wie wichtig Landwirtschaft und Viehzucht sind. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die Produktion so gesteigert werden kann, dass die eigene Ernte mehr als den Grundbedarf deckt. Er erklärte den richtigen Einsatz von Samen und Düngemitteln und wie die Pflanzen vor Schädlingen geschützt werden können. Besonders im Bananenanbau sah er eine große Chance; sie wachsen in dieser Region sehr gut und können ein angemessenes Einkommen einbringen.
Die Kinder und ihre Betreuer lernten auch alles über die Ernährung und Haltung von Hühnern. Ziel ist, mit dem Verkauf von Eiern Geld zu verdienen. Nach der Theorie und vielen praktischen Übungen erhielt jede Familie vier Kilogramm zertifizierte Maissamen, vier Dosen Bohnensamen, 50 Gramm Grünkohlsamen und zehn Kilogramm an Düngemitteln. Je nach Wetterlage und Boden können daraus Lebensmittel wachsen, die für eine Familie bis zu zehn Monate ausreichen. Alternativ kann ein Teil des Ertrags verkauft und der Erlös in neue Samen investiert werden. Die Menschen verwenden meist Samen aus dem eigenen Anbau. Die unbehandelten Samen sind jedoch weniger ertragreich und resistent als die gekauften. Die Ernten fallen kleiner aus, da viele der Samen von Insekten zerstört werden.
„Kenia ist weitläufig besiedelt. Auf einer gleichgroßen Fläche wohnen in Deutschland etwa drei Mal so viele Menschen. In den ländlichen Gegenden besitzt ein Großteil der Bevölkerung ein kleines Stück Land für den Anbau von Gemüse, Obst und Getreide, das sogenannte Shamba. Etwa 80 Prozent der Menschen verdienen hier ihr Einkommen in der Landwirtschaft. Allerdings können sie selten mehr anbauen, als sie zum Leben brauchen“, erklärt Sister Seraphine, Managerin des DfA-Patenschaftsprojekts und Organisatorin der Landwirtschaftsseminare, den Hintergrund des Projekts. Kleinbauern besitzen häufig keine Maschinen, Pflüge oder Nutztiere und sind zu arm, um die Bodenqualität zu verbessern. Der Nährstoffmangel und Bodenerosionen führen zu geringeren Ernten. Durch extreme Wetterverhältnisse wie starke Regenfälle und nicht enden wollende Trockenzeiten gingen in den vergangenen Jahren wiederholt landwirtschaftliche Nutzflächen verloren.
Die Auswahl der Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 17 Jahren, die am Seminar teilnehmen durften, traf ein Komitee von Frauen aus der Witwenkooperative St. Monica Village. Sie kennen die Familien und stellen so sicher, dass die Hilfe an der richtigen Stelle ankommt.
Hintergrund: Corona-Pandemie in Kenia
Durch die Corona-Pandemie haben viele Menschen in Kenia ihre Arbeit verloren. Sie ziehen aus den Slums der Städte zurück in ihre Dörfer, wo sie mit ihren Familien wohnen und kleine Felder bewirtschaften. Hier verkaufen sie Ernteerträge auf den Märkten oder suchen Tätigkeiten im informellen Sektor, beispielsweise in der Herstellung von Ziegeln oder dem Zerkleinern von Steinen. Das ist harte, aber schlecht bezahlte Arbeit. Staatliche Unterstützung gibt es keine. Die kleinen Parzellen, in denen die meisten Menschen auf dem Land leben, sind der einzige Schutz vor Hunger und totaler Armut. (dentists for africa, Text + Foto)