Nordafrika: Der Anstieg des Meeresspiegels könnte die Maghreb-Staaten bis 2100 überfluten

Nordafrika: Der Anstieg des Meeresspiegels könnte die Maghreb-Staaten bis 2100 überfluten

Die Küstenregion des Maghreb, in der fast 40 % der Bevölkerung der Region leben, könnte durch einen beispiellosen Anstieg des Meeresspiegels drastisch verändert werden. Laut den neuesten wissenschaftlichen Prognosen könnten einige Küstenstädte bis zum Jahr 2100 bis zu 20 % ihres Gebiets verlieren. Dies stellt eine enorme Herausforderung für eine Region dar, die bereits stark vom Klimawandel betroffen ist.

Eine wachsende Bedrohung für die maghrebinischen Küsten
Der Maghreb, der an das Mittelmeer und den Atlantik grenzt, ist besonders anfällig für den Anstieg des Meeresspiegels. Die Studie „Fusion of Probabilistic Projections of Sea-Level Rise“ von Benjamin S. Grandey et al. aus dem Jahr 2023 zeigt verschiedene Szenarien des Meeresspiegelanstiegs in Abhängigkeit von den globalen Treibhausgasemissionen auf. Bis 2100 könnte der Meeresspiegel weltweit um 0,5 bis 1,9 Meter ansteigen, je nachdem, welche Klimapolitik umgesetzt wird.

Bereits bis 2030 wird ein Anstieg des Meeresspiegels um etwa 10 cm prognostiziert – selbst in den optimistischsten Szenarien. Dadurch steigt die Gefahr von Küstenüberflutungen erheblich. Städte wie Algier, Tunis oder Casablanca werden zunehmend mit Überschwemmungen während Stürmen konfrontiert sein, was die lokale Wirtschaft stört und strategische Infrastrukturen wie Häfen, Straßen und Industriegebiete gefährdet.

Zwischen 2050 und 2070 wird sich die Lage weiter verschlechtern: Ein Anstieg des Meeresspiegels um 30 bis 60 cm würde die Küsten des Maghreb grundlegend verändern. Besonders betroffen wäre die flache Küstenregion Tunesiens, wo landwirtschaftliche und touristische Gebiete durch das Eindringen von Salzwasser bedroht wären. Niedrig gelegene Gebiete wie die Chott-Ebene in Tunesien oder die Sebou-Ebene in Marokko könnten unter chronischen Überschwemmungen leiden, was die Versorgung mit Süßwasser beeinträchtigen würde.

Ein Katastrophenszenario für 2100
Falls die Treibhausgasemissionen hoch bleiben (Szenario SSP5-8.5), könnte der Meeresspiegel bis Ende des Jahrhunderts um 1,5 bis 1,9 Meter steigen. Die Folgen wären verheerend: Städte wie Oran, Rabat oder La Marsa könnten große Teile ihrer Küstengebiete unter Wasser verlieren, was Wohn- und Wirtschaftszonen unbrauchbar machen würde.

Gleichzeitig verschärft die zunehmende Wüstenbildung im Landesinneren die Lage. Schon heute zieht es viele Menschen aufgrund der wachsenden Trockenheit an die Küsten. Sollten diese Gebiete jedoch unbewohnbar werden, könnte es zu massiven Bevölkerungsbewegungen kommen. Auch die Ökosysteme wären stark betroffen: Die Versalzung landwirtschaftlicher Flächen und das Verschwinden von Feuchtgebieten – wie dem Medjerda-Delta in Tunesien – bedrohen sowohl die Biodiversität als auch die Ernährungssicherheit.

Dringender Handlungsbedarf
Angesichts dieser Bedrohung müssen die Maghreb-Staaten unverzüglich Maßnahmen ergreifen. Mehrere Lösungsansätze stehen zur Debatte:

  • Schutzmaßnahmen für die Infrastruktur, etwa durch den Bau von Deichen in Algier, Schutzwällen in Tunis oder eine bessere Bewirtschaftung der Feuchtgebiete zur Aufnahme überschüssigen Wassers.
  • Neuausrichtung der Raumplanung, um die Bebauung der Küsten zu begrenzen und vorausschauende Umsiedlungsmaßnahmen zu organisieren.
  • Regionale Zusammenarbeit, um finanzielle und technische Mittel zu bündeln und sich auf die Veränderungen vorzubereiten.

Der steigende Meeresspiegel verändert bereits jetzt die Küsten des Maghreb. Ohne ambitionierte Maßnahmen zur Eindämmung und Anpassung könnten die Folgen unumkehrbar sein – mit dramatischen Auswirkungen auf Millionen von Menschen und ein reiches, aber bedrohtes Küstenerbe. (Quelle: afrik.com)