Seenotrettung: BMI hält an Bestrafung von humanitärer Hilfe fest, Protest weitet sich aus

Seenotrettung: BMI hält an Bestrafung von humanitärer Hilfe fest, Protest weitet sich ausBerlin, 25.11.2023. Trotz massiver Proteste humanitärer Organisationen an der Änderung des Paragrafen 96 Aufenthaltsgesetz hält das Ressort von Nancy Faeser an der Strafbarkeit humanitärer Hilfe für Flüchtende im Gesetzestext fest.

56 Organisationen hatten am 21. November eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht, in der sie die Gesetzesänderung des Bundesinnenministeriums massiv kritisieren, die bereits vom Kabinett abgesegnet wurde. Als Reaktion auf die Kritik bezog das BMI Stellung, indem es die zivile Seenotrettung in der Begründung des Gesetzes von der Strafbarkeit ausnahm. Die Begründung hat jedoch keinerlei Rechtswirksamkeit. Die Gesetzesänderung selbst wird beibehalten. Damit drohen Seenotretterinnen und Seenotrettern von Menschenleben auf dem Mittelmeer ebenso wie privaten Fluchthelfenden bis zu zehn Jahre Gefängnis, sollte der Gesetzesvorschlag des Bundesinnenministeriums vom Bundestag bestätigt werden. Die erste Lesung hierzu findet nach Angaben des Bundestages bereits am 30. November statt.

„Der Beschwichtigungsversuch vom BMI, Seenotrettung sei nicht gemeint mit der Gesetzesänderung, ist eine Nebelkerze, von der wir uns nicht täuschen lassen. Wenn der Änderungsentwurf Gesetz wird, stehen wir als Seenotretterinnen und -retter in Deutschland mit einem Bein im Gefängnis. Der Gesetzestext verschafft Staatsanwaltschaften die rechtliche Grundlage dafür, Seenotrettungsorganisationen zu überwachen, zu durchsuchen, ihre Schiffe zu beschlagnahmen und ihre Crews zu inhaftieren“, betont Till Rummenhohl, Geschäftsführer von SOS Humanity. „Mit diesem Gesetzesentwurf bricht die Ampel-Koalition mit ihrem eigenen Bekenntnis zur Seenotrettung. Mehr als 111.000 Unterschriften unserer Petition gegen den neuen Paragrafen 96 innerhalb von zwei Wochen beweisen: Eine bodenlose Kriminalisierung von Retterinnen und Rettern entrüstet die Zivilgesellschaft. Denn es ist nicht nur humanitäre, sondern nach internationalem Seevölkerrecht auch rechtliche Pflicht, Menschen aus Seenot zu retten.“

Die Proteste gehen weiter
Ein breites Bündnis aus der Zivilgesellschaft geht nun gegen die Aushöhlung des Asylrechts und die Kriminalisierung von Flüchtenden und Retterinnen und Rettern auf die Straße: Am Sonntag, dem 26. November findet in Berlin die Demonstration „Stop GEAS!“ statt. Zahlreiche zivile Seenotrettungsorganisationen, darunter SOS Humanity, werden vertreten sein. SOS Humanity-Vorstandsmitglied Dr. Lisa Bogerts wird in einer Rede auf den Kriminalisierungsversuch von Seenotrettung aufmerksam machen „Wir fordern alle Bundestagsabgeordneten dazu auf: Stimmen Sie mit NEIN bei der Abstimmung über das ‚Rückführungsverbesserungsgesetz‘! Flucht, Seenotrettung und humanitäre Hilfe dürfen nicht kriminalisiert und behindert werden – nicht in Deutschland und nicht in anderen EU-Staaten. Im Gegenteil: Die EU muss endlich ein europäisches und staatlich koordiniertes Seenotrettungsprogramm einrichten, damit Staaten ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung zur Rettung endlich nachkommen.“ (SOS HUMANITY)