
Tramadol ist ein Medikament aus der Gruppe der Opioide, das ursprünglich in Krankenhäusern zur Schmerzlinderung bei starken Schmerzen eingesetzt wurde. Im Laufe der Jahre hat sich Tramadol jedoch in vielen westafrikanischen Ländern zu einer weit verbreiteten Droge entwickelt – sowohl unter Arbeitern, die körperlich sehr anstrengenden Tätigkeiten nachgehen, als auch unter Jugendlichen, die auf der Suche nach einem künstlichen Rauschzustand sind.
Da Tramadol zur Klasse der Opioide gehört, haben die Gesundheitsbehörden den Verkauf in Apotheken an das Vorlegen eines ärztlichen Rezepts gebunden. Doch sein schmerzlindernder Effekt hat dazu geführt, dass viele Arbeiter Tramadol ohne medizinische Notwendigkeit konsumieren. Ohne Rezept griffen sie zunehmend zu gefälschten Verschreibungen, doch dieser Missbrauch blieb zunächst begrenzt, da Apotheken die Echtheit der Dokumente überprüften.
Ein drastischer Wandel trat ein, als Tramadol – oft kombiniert mit hochprozentigem Alkohol – in der Jugend als Rauschmittel beliebt wurde. Der dadurch steigende Bedarf führte dazu, dass Tramadol auf offenen Märkten verkauft wurde, zunächst über illegale Importe aus Asien (insbesondere China und Indien), die über Nachbarländer wie Nigeria, Ghana, Guinea oder Liberia in die betroffenen Länder gelangten. Später kam es auch zu einer lokalen Herstellung in geheimen Labors.
Diese gefälschten Importe und die heimische Produktion sind gleichermaßen gefährlich – wegen der verwendeten Inhaltsstoffe, der oftmals überhöhten Dosierung (um die Wirkung zu verstärken) sowie der niedrigen Preise, die zu einem massenhaften Konsum führen.
Die ivorischen Behörden haben auf die wachsende Bedrohung reagiert und den Kampf gegen diesen illegalen Handel zur nationalen Priorität erklärt. In den letzten Jahren wurden groß angelegte Aktionen durchgeführt: Es kam zu erheblichen Beschlagnahmungen, zur Zerschlagung von Netzwerken, zur Schließung des berüchtigten „Roxy“-Marktes in Adjamé, einem Stadtteil von Abidjan, der für den Verkauf aller Arten von „Medikamenten“ bekannt war, sowie zur Aufdeckung eines illegalen Labors. Jüngstes Beispiel: Am 20. März 2025 beschlagnahmte die regionale Einheit der Drogenpolizei (DPSD) in Daloa mehrere hundert Tramadol-Tabletten und nahm mehrere Personen wegen illegalen Handels fest.
Doch über diese Erfolge hinaus stellt der Tramadolkonsum – wie auch der anderer Medikamente – ein tiefgreifendes gesellschaftliches Problem dar. Es handelt sich um ein soziales Problem, da der Bedarf an Geld für den Drogenkauf zu vermehrten Diebstählen und Gewalttaten führt. Es ist auch ein wirtschaftliches Problem, denn der florierende Schwarzmarkt ist inzwischen ein bedeutender Teil der informellen Wirtschaft, von der viele Menschen leben. Gleichzeitig zeigt sich, dass wirtschaftlicher Aufschwung und gesellschaftlicher Wohlstand nicht allen Bevölkerungsschichten zugutekamen. Arbeitslosigkeit und fehlende Zukunftsperspektiven, Wohnraummangel mit der Folge von Ghetto-Bildung, der Verlust traditioneller Werte und die Illusionen, die über soziale Netzwerke verbreitet werden, sind alles Faktoren, die den Drogenkonsum begünstigen.
Die Verbreitung gefälschter Medikamente ist zudem ein Symptom für das Scheitern oder die jahrzehntelange Vernachlässigung einer nationalen Gesundheitspolitik. Für manche Menschen ist der Handel mit diesen Medikamenten ein Mittel, sich schnell zu bereichern – trotz der enormen Risiken. Das wirft zwei entscheidende Fragen auf: Wer steckt wirklich hinter den organisierten Importen dieser illegalen Medikamente? Und wie werden die enormen Bargeldsummen gewaschen, die mit diesem Handel erwirtschaftet werden?
Der illegale Handel mit Tramadol und ähnlichen Substanzen ist keineswegs ein ausschließlich ivorisches Problem – viele westafrikanische Länder sind betroffen. Besonders alarmierend ist dabei, dass sich nun auch der Konsum von Kokain ausbreitet – eine Entwicklung, vor der Afrika bislang weitgehend verschont geblieben war. (Quelle: afrik.com)