Trump, Marokko, die Westsahara und die Palästina-Frage

Die Gerüchte über eine mögliche Umsiedlung von Palästinensern aus Gaza nach Marokko verdeutlichen die enge Verflechtung des israelisch-palästinensischen Konflikts mit der Westsahara-Frage. Die Position des Königreichs, die durch die Anerkennung seiner Souveränität über die Westsahara durch die USA unter Trump gestärkt wurde, sieht sich nun neuen diplomatischen Herausforderungen gegenüber. Dies vor dem Hintergrund einer aktuellen Entscheidung der europäischen Justiz, die die Handelsabkommen zwischen der EU und Marokko infrage stellt.

Während die internationale Gemeinschaft weiterhin über die humanitären Konsequenzen des israelisch-palästinensischen Konflikts diskutiert, berichten Quellen wie Channel 12 und Times of Israel, dass Marokko als mögliches Umsiedlungsziel für Menschen aus Gaza in Betracht gezogen wird. Neben den autonomen Regionen Puntland und Somaliland in Somalia wird Rabat demnach in einem von der Trump-Administration vorgeschlagenen Plan zur Umsiedlung palästinensischer Bevölkerungsgruppen diskret erwähnt.

Diese Spekulationen tauchen in einer Phase auf, in der Marokko bestrebt ist, seine diplomatische Position zu festigen – insbesondere durch die Aufrechterhaltung der Anerkennung seiner Souveränität über die Westsahara, die es im Rahmen der Abraham-Abkommen 2020 erlangte. Doch die Normalisierung der Beziehungen zwischen Rabat und Tel Aviv hat bereits interne Kontroversen ausgelöst. Die Idee, palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen, könnte die politischen Spannungen im Land weiter verschärfen.

Obwohl israelische Quellen betonen, dass diese Diskussionen noch „äußerst frühzeitig“ seien, geht es weit über eine rein humanitäre Frage hinaus. Die geopolitische Bedeutung der Westsahara rückt erneut ins Zentrum internationaler Strategien: Die Anerkennung der marokkanischen Souveränität durch Staaten wie die USA oder Israel bleibt ein entscheidender Hebel für Rabat.

Palästina und Westsahara: Parallele Konflikte
Die Parallelen sind auffällig: So wie Marokko seine Kontrolle über die Westsahara legitimieren möchte, könnten Somaliland und Puntland eine internationale Anerkennung anstreben, indem sie sich zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklären. Laut Channel 12 erinnert diese Dynamik an die Abkommen, die es Rabat ermöglichten, seinen territorialen Status durch diplomatische Zugeständnisse zu stärken.

Doch das Schweigen Marokkos zu diesen Gerüchten zeugt von einer kalkulierten Zurückhaltung. Rabat ist sich bewusst, dass jede Entscheidung zur Palästina-Frage weitreichende Reaktionen hervorrufen würde – nicht nur national, sondern auch in der arabischen Welt, wo die palästinensische Sache ein starkes Symbol bleibt. Darüber hinaus widerspricht jede erzwungene Bevölkerungsumsiedlung dem Völkerrecht, während Marokkos eigene Position in der Westsahara ohnehin diplomatisch heikel ist.

Juristische Rückschläge für Marokko und Frankreich
Die marokkanische Position zur Westsahara hat zudem durch zwei jüngste Entscheidungen des französischen Staatsrats und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einen schweren Rückschlag erlitten. Der EuGH wies einen Vorstoß der EU-Kommission – unterstützt von Frankreich und Spanien – zur Umdeutung der demografischen Realität des Gebiets zurück. In Übereinstimmung mit seinen Urteilen vom Oktober 2024 bekräftigte das Gericht, dass „das Recht auf Selbstbestimmung dem betroffenen Volk gehört und nicht der gesamten dort lebenden Bevölkerung.“ Konkret bedeutet dies, dass dieses Recht dem sahrauischen Volk zusteht, unabhängig von seinem Aufenthaltsort, und nicht den marokkanischen Siedlern, die inzwischen die Mehrheit in der Westsahara stellen.

Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen für die Handels- und Fischereiabkommen zwischen der EU und Marokko. Der EuGH entschied am 4. Oktober 2024, dass diese Abkommen „auf die Westsahara nicht anwendbar sind, da das Volk des Gebiets dem nicht zugestimmt hat.“ Sara Eyckmans von Western Sahara Resource Watch (WSRW) kritisierte den Versuch der EU-Kommission, „die demografische Struktur der Westsahara zu manipulieren, um die eindeutigen Urteile des Gerichts zu untergraben.“

Fazit
Obwohl die Umsiedlung von Gaza-Flüchtlingen nach Marokko bislang nur eine spekulative Möglichkeit ist, macht sie die komplexen diplomatischen Gleichgewichte sichtbar, in denen sich humanitäre Belange, geopolitische Strategien und territoriale Souveränitätsansprüche miteinander verflechten. (Quelle: afrik.com)