Tunesien: Inaktivität der Bundesregierung ignoriert Aufziehen der nächsten Krise

Tunesien: Inaktivität der Bundesregierung ignoriert Aufziehen der nächsten Krise„Die Verlängerung des von Präsident Kais Saied vor 30 Tagen verhängten Ausnahmezustands auf unbestimmte Zeit stellt die junge Demokratie in Tunesien vor eine große Bewährungsprobe. Es ist jetzt äußerst wichtig, dass der tunesische Präsident umgehend einen klaren Fahrplan vorlegt, um in den Rahmen der tunesischen Verfassung zurückzukehren. Ansonsten besteht die reale Gefahr, dass die demokratischen Institutionen Tunesiens schweren Schaden nehmen und das einzige demokratische Land Nordafrikas in autokratische Verhältnisse abrutscht.

Präsident Saied hatte am 25. Juli den Notstandsartikel 80 der tunesischen Verfassung angewendet und so die Entlassung der Regierung sowie die Entmachtung des Parlaments begründet“, erklärt Omid Nouripour, Grünen-Sprecher für Außenpolitik, zur Verlängerung des Ausnahmezustands in Tunesien.

„Die Bundesregierung hat es versäumt, die vergangenen 30 Tage dazu zu nutzen, die zentralen politischen Akteure in Tunesien davon zu überzeugen, in einen inklusiven Dialog zu treten, um die Lebensbedingungen der Tunesierinnen und Tunesier zu verbessern. Sie muss deshalb jetzt endlich in enger Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern und auf höchster politischer Ebene deutlich machen, dass ein Abrutschen des Landes in eine Autokratie nicht hinnehmbar ist. Sie muss vor allem der tunesischen Seite attraktive Anreize bieten, den demokratischen Weg weiterzugehen und die dafür notwendigen Reformen umzusetzen, allen voran die Einsetzung des tunesischen Verfassungsgerichtshofs. Dazu sollte sie ein europäisches und auch mit der tunesischen Zivilgesellschaft und Wirtschaft abgestimmtes Konjunkturpaket anbieten, das an die Umsetzung von Reformen gebunden ist. Auch bessere Handelsbedingungen mit der EU könnten helfen. Solche Maßnahmen würden die Lebensbedingungen der Menschen in Tunesien verbessern und so eine Destabilisierung des Landes verhindern. Die aktuell ungenügende diplomatische Aktivität der Bundesregierung wird zudem ansonsten dazu führen, dass autokratische Mächte wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Russland oder auch die Türkei ihren Einfluss in unmittelbarer Nachbarschaft der EU weiter ausbauen. Dies kann nicht im Interesse Deutschlands sein.“ (PM und Foto: Grüne im BT)