Äthiopien/Tigray: Lebensmittel und Hilfsgüter erreichen Vertriebene erstmals seit drei Monaten

Äthiopien/Tigray: Lebensmittel und Hilfsgüter erreichen Vertriebene erstmals seit drei Monaten4300 Menschen wurden in der Stadt Axum in der nordäthiopischen Region Tigray mit dringend benötigten Lebensmitteln versorgt. Die Kinderrechtsorganisation Save the Children verteilte Nahrung, provisorische Unterkünfte und Hygieneartikel an tausende vertriebene Kinder und ihre Familien – es war die erste umfangreiche Hilfslieferung in der Stadt seit mehr als drei Monaten.

Derzeit suchen mehr als 6000 Vertriebene Schutz in überfüllten Schulen, behelfsmäßigen Lagern oder bei einheimischen Familien. Diese Menschen sind angesichts des Konflikts in Tigray nach Axum geflohen. Die Versorgungssituation ist extrem angespannt und eine lebenswichtige medizinische Versorgung ist aufgrund der notdürftigen Ausstattung der Krankenhäuser kaum gewährleistet. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Save the Children vor Ort berichten von den fatalen Zuständen.

„Die Lebensmittelhilfen hätten keine Sekunde später in Axum eintreffen dürfen. Kinder und ihre Familien sind auf grundlegendste Unterstützung angewiesen: Nahrung, Unterkunft und Medikamente. Es gibt nicht genügend Hilfe für die Bedürftigen. Deshalb ist es entscheidend, dass mehr Hilfsorganisationen Zugang zur Region erhalten“, fordert Ekin Ogutogullari, Leiter des Landerbüros von Save the Children in Äthiopien.

Nach UN-Schätzungen sind rund 1,3 Millionen Menschen in der Region auf humanitäre Hilfe angewiesen, zusätzlich zu 950.000 Menschen, die bereits vor dem Konflikt in Tigray bedürftig waren.

Besonders prekär ist die Lage für Schwangere sowie Mütter und ihre Neugeborenen. Viele Frauen müssen ihre Kinder zuhause und ohne professionelle Hilfe gebären, weil Krankenhäuser oder andere Gesundheitsdienste wegen des Konflikts und einer Ausgangssperre nicht erreichbar sind. In zahlreichen Fällen hat dies schwere und lebensgefährliche Komplikationen unter der Geburt zur Folge, die bis zum Tod der Gebärenden oder zu einer dauerhaften Behinderung des Kindes führen können. Viele Mütter berichteten Save the Children zudem von ihren Schwierigkeiten zu stillen, weil sie selber nicht genug essen, um genügend Milch für ihre Babys zu produzieren.

„Die humanitäre Situation in Tigray ist an einem kritischen Punkt“, betont Länderbürochef Ekin Ogutogullari. „Hunderttausende Menschen haben seit mehr als dreieinhalb Monaten keine Hilfe erhalten. Schon vor dem Konflikt hatten hunderttausende Menschen in Tigray mit Lebensmittelengpässen, Dürre und der schlimmsten Heuschreckenplage seit 25 Jahren zu kämpfen, wodurch die Nahrungsmittelproduktion verringert und das Problem der Unterernährung verschärft wurde. Durch den Konflikt hat sich die Lage nochmals dramatisch verschlechtert. Ohne Zugang zu den Menschen und zusätzliche Ressourcen kann es weder Schutz- noch andere Hilfsmaßnahmen für die besonders Bedürftigen geben.“

Zwar ist Save the Children nun in Axum aktiv, doch hat die Organisation nach wie vor nur eingeschränkten Zugang zu den tausenden Menschen, die durch den Konflikt aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Und auch wenn immer mehr Konvois mit humanitärer Hilfe in die Region gelassen werden, haben die für deren Verteilung und Überwachung so wichtigen Mitarbeiter Zugangsschwierigkeiten.

Save the Children ruft die äthiopische Regierung auf, dafür zu sorgen, dass Hilfslieferungen verstärkt werden und bereits existierende soziale Anlaufstellen ihre Arbeit tun können. Nur so kann sichergestellt werden, dass Kinder und ihre Familien genügend zu essen haben, sicher untergebracht sind sowie Zugang zu grundlegender medizinischer Versorgung einschließlich psychosozialer Unterstützung erhalten.

Die Hilfslieferungen von Save the Children in Axum sind Teil der humanitären Aktivitäten der Organisation im Kontext des Konflikts in Tigray. Seit Januar 2021 konnten so 6584 Menschen erreicht werden, darunter 3632 Kinder. Save the Children ist im Zentrum und Osten von Tigray, Nord- Amhara sowie der Grenzregion Afar/Tigray aktiv. Auch im Sudan hilft die Organisation Flüchtlingen, die durch die Kämpfe vertrieben wurden. (Save the Children)