Buchtipp: Macelli Wadino Shabati – Tochter der Savanne

Buchtipp: Macelli Wadino Shabati – Tochter der Savanne

In diesem bewegenden Buch erzählt die Autorin Macelli Wadino Shabati von ihrem langen und beschwerlichen Lebensweg – geprägt von täglichen Herausforderungen, kulturellen Zwängen und dem unbeirrbaren Wunsch nach Bildung und Selbstbestimmung.

Macelli wird im ländlichen Tansania geboren, als Tochter eines Nomaden aus dem Volk der Mangati. Ihr Vater hat drei Ehefrauen, was bedeutet, dass sie mit mehreren Stiefmüttern und vielen Geschwistern aufwächst. Die Familien leben an verschiedenen Orten, um die Weideflächen für das Vieh optimal nutzen zu können. Schon früh ist Macellis Alltag durch harte körperliche Arbeit bestimmt: Wasser holen, auf die Viehherden achten, den Müttern im Haushalt helfen und sich um die jüngeren Geschwister kümmern.

Ihr großer Traum, wie andere Kinder zur Schule zu gehen, wird vom Vater strikt abgelehnt. Als Familienoberhaupt duldet er keinen Widerspruch – seine Entscheidungen gelten als unantastbar.

Macellis Leben nimmt eine entscheidende Wendung, als ihre Stiefmutter sie bittet, ihren Sohn Mandunja zu begleiten. Er wird beim Diebstahl eines Maiskolbens brutal zusammengeschlagen und schließlich in einem Waisenhaus aufgenommen. Macelli bleibt bei ihm, pflegt ihn fürsorglich und lernt dabei Swahili, die Amtssprache Tansanias. Ihre Hingabe bleibt nicht unbemerkt: Claudia, die für ein privates Hilfsprojekt arbeitet, wird auf sie aufmerksam.

Nach dem tragischen Tod von Mandunja, der mit hohem Fieber ins Krankenhaus eingeliefert wurde, helfen Claudia, ihr Mann Martin und deren Gärtner Hoza, den Leichnam ins Heimatdorf zu bringen. In dieser schwierigen Zeit wächst zwischen Macelli und Claudia eine enge Verbindung.

Durch die Unterstützung von Claudia und Martin darf Macelli endlich zur Schule gehen – ein Herzenswunsch wird wahr. Hoza übernimmt die Vermittlung mit dem Vater, sodass dieser schließlich nicht widerspricht. Doch die Ferien zu Hause verlaufen anders: Der Vater zweifelt weiterhin am Wert der Schulbildung. Für ihn zählt der Brautpreis, den eine Tochter bei der Heirat einbringt – Rinder, die für die Familie wirtschaftlich überlebenswichtig sind. Doch Macelli gelingt es, durch geschickte Täuschung ihren Schulbesuch weiter fortzusetzen.

In der englischsprachigen Privatschule wird sie zunächst gehänselt, doch sie findet Freundinnen, entdeckt ihre Stärken und fragt sich, was für sie als Frau überhaupt möglich ist. Als ihre 13-jährige Schwester Anna verheiratet werden soll, hilft sie ihr – unterstützt von der Großmutter, dem Bruder und Hoza –, sich einer Ärztin anzuvertrauen. Diese sorgt dafür, dass auch Anna zur Schule gehen darf.

Trotz der tief verwurzelten Traditionen gelingt es Macelli und ihren Unterstützern immer wieder, Mädchen aus Zwangsehen und grausamen Praktiken zu befreien. So etwa ihre Schwester Ghashega, die einer brutalen Genitalverstümmelung unterzogen wurde und mit einem 80-jährigen Mann verheiratet werden sollte. Sie flieht und findet durch einen Pastor Schutz bei einer hilfsbereiten Frau.

Auch die elfjährige Ester, eine weitere Schwester, soll gegen einen besonders hohen Brautpreis an ein Nomadenvolk „verkauft“ werden. Mit Hilfe ihrer Familie, dem Dorfvorsteher und erneut Hoza, gelingt es Macelli, auch sie zu retten und ihr den Schulbesuch zu ermöglichen. Der Vater, durch all diese Entwicklungen überfordert, gibt schließlich nach.

Macelli findet in Jenny und Nema zwei gleichgesinnte Freundinnen – ebenfalls Mangati, die trotz der Traditionen zur Schule gehen dürfen. Schließlich lernt sie auch ihren Bruder Emmanuel kennen, der ihre Liebe zur Bildung teilt. Als sein Stipendium gestrichen wird, versucht er sich als Viehhändler, wird jedoch überfallen und betrogen. Dennoch geben beide die Hoffnung nicht auf.

Macelli beginnt ein Lehramtsstudium an der Universität. Ihr Vater stellt sich nun nicht mehr gegen ihre Bildung – auch, weil sie ihm einst das Leben gerettet hat. In einem klärenden Gespräch erfährt sie seine tragische Lebensgeschichte und spricht offen mit ihm über seine Alkoholabhängigkeit. Sie erzählt ihm auch von Emmanuel, mit dem sie eine Familie gründen möchte. Beide Familien stimmen der Ehe zu. Gemeinsam ziehen sie mit ihrer kleinen Nichte nach Mbeya – in ein neues, hoffnungsvolles Leben.

Nach vielen Hürden darf Macelli schließlich ihren Berufstraum verwirklichen und als Lehrerin arbeiten.

Fazit:
Ein beeindruckendes Buch, das zeigt, wie viel durch gegenseitige Unterstützung, Mut und Bildung möglich ist – selbst unter schwierigsten Bedingungen. Tochter der Savanne ist eine fesselnde, emotionale Erzählung, die tiefe Einblicke in die Traditionen und Herausforderungen des Lebens in einer Nomadengesellschaft Tansanias gewährt. (Theresa Endres)

Macelli Wadino Shabati
Tochter der Savanne
von Claudia Liebtanz
National Geographic, 2025
300 Seiten, 18,99 €
ISBN: 978-3-987011-17-7