
In Sand in der Seele erzählt Evelyne Kern eindrucksvoll die Geschichte einer binationalen Liebe, die zwischen kulturellen Unterschieden, familiären Zwängen und persönlichen Hoffnungen hin- und hergerissen ist. Der Roman beruht auf wahren Begebenheiten und gibt einen tiefen Einblick in die Herausforderungen interkultureller Beziehungen.
Im Mittelpunkt steht Sabrina, die ihrem unglücklichen Eheleben und dem stressigen Berufsalltag als Journalistin entkommen möchte. Kurzentschlossen reist sie nach Tunesien, wo sie Amor kennenlernt, der an der Hotelrezeption arbeitet. Aus ersten Begegnungen entstehen Zuneigung und schließlich Liebe. Amor zeigt Sabrina sein Land jenseits der Touristenströme und macht ihr einen Heiratsantrag. Doch Sabrina ist sich unsicher, ob sie ihr Leben dauerhaft in Tunesien verbringen möchte.
Nach intensiven Gesprächen mit der Familie entschließt sich Sabrina, auf dem Grundstück ihres Schwiegervaters ein eigenes Haus zu bauen – weit genug entfernt, um dem direkten Einfluss der Familie zu entgehen. Doch die Bauarbeiten sind geprägt von Konflikten, da der Vater eigene Vorstellungen durchsetzen möchte und Amor sich traditionell verpflichtet sieht, den Wünschen seines Vaters zu folgen.
Die Eheschließung findet schließlich statt, doch Sabrina spürt bald, wie sehr die Kontrolle der Familie ihr Leben bestimmt. Ihre Wünsche nach Freiheit und Eigenständigkeit stoßen immer wieder auf Widerstand. Auch die Freundschaft zu anderen Frauen wie Julia und Monika wird von den Familien skeptisch beäugt. Besonders dramatisch wird es, als Julia, Opfer häuslicher Gewalt, gemeinsam mit ihrem Sohn das Land verlassen möchte. Mit Hilfe von Sabrina und Unterstützung aus Deutschland gelingt schließlich die schwierige Ausreise.
Die Beziehung zwischen Sabrina und Amor verschlechtert sich zunehmend. Streitigkeiten eskalieren, Amor wird gewalttätig und verliert schließlich auch in Deutschland seine Arbeit. Sabrina bleibt auf sich gestellt, kämpft weiter um den Bau und um ihre wirtschaftliche Existenz, indem sie den Aufbau von Ferienwohnungen plant. Gleichzeitig wird ihr der Eigentumsnachweis für das Haus verweigert, die Familie übt immer stärkeren Druck auf sie aus.
Als ihr Schwager sie schließlich vergewaltigt, zieht Sabrina die Konsequenzen und fordert die Scheidung. Doch auch hier versuchen Amor und seine Familie, ihr die rechtliche Trennung sowie das Eigentum am Haus zu verweigern. Ein langer, zermürbender Kampf beginnt – selbst nach Sabrinas Rückkehr nach Deutschland.
Evelyne Kern schildert mit großer Offenheit die Höhen und Tiefen einer Beziehung zwischen zwei Kulturen. Ihr Roman bietet nicht nur eine spannende, berührende Lebensgeschichte, sondern gewährt auch tiefe Einblicke in die patriarchalen Familienstrukturen Tunesiens und die schwierige Situation von Frauen in interkulturellen Partnerschaften.
Mit Sand in der Seele möchte die Autorin zudem anderen betroffenen Frauen Mut machen, ihre Erfahrungen zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen. Ihre Geschichte bleibt hochaktuell angesichts der weltweit zunehmenden Gewalt gegen Frauen. (Theresa Endres)
Evelyne Kern
Sand in der Seele – Roman nach einer wahren Begebenheit
9. Auflage, 2019
363 Seiten
ISBN 978-3-939478-04-1
16,90 €