Bundeskanzler Scholz am 4. Mai 2023 in Addis Abeba (Äthiopien): „Afrika muss in den internationalen Beziehungen und der internationalen Politik eine größere Rolle spielen“

Bundeskanzler Scholz am 4. Mai 2023 in Addis Abeba (Äthiopien): "Afrika muss in den internationalen Beziehungen und der internationalen Politik eine größere Rolle spielen"BK Scholz: Das ist jetzt meine zweite Fahrt nach Afrika. Was mir sehr wichtig ist: Wir müssen uns einstellen auf eine Welt, die multipolar sein wird und in der viele Länder des globalen Südens eine große Bedeutung bekommen werden. Jetzt ist also die Zeit, wo wir einen Neustart machen müssen, was die Nord-Süd-Beziehungen betrifft, der es ermöglicht, mit den vielen Ländern des Südens auf Augenhöhe gemeinsame Perspektiven zu entwickeln. Afrika ist für uns in Deutschland, ist für uns in Europa von zentraler Bedeutung. Deshalb ist es eben Teil einer solchen langfristig angelegten politischen Entscheidung, dass ich jetzt erneut hier in Afrika mit Staats- und Regierungschefs spreche.

Heute werde ich meine Gespräche in Äthiopien fortsetzen. Das ist für mich sehr zentral im Hinblick darauf, dass hier gerade ein großes Land, das in Afrika für die Stabilität von Bedeutung ist, in den letzten Jahren durch einen Bürgerkrieg erschüttert worden ist. Es ist gut, dass es gelungen ist, diesen Krieg zu deeskalieren, aber es sind noch lange nicht wieder ordentliche Verhältnisse eingetreten, wie wir sie uns wünschen. Deshalb ist es wichtig, dass wir alle hier ermuntern, den Friedensprozess, der begonnen hat, weiter fortzuführen und dazu beizutragen, dass Äthiopien eine gute Entwicklung nehmen kann und die Perspektiven einer politischen Demokratie sich hier weiter entwickeln können. Das bedeutet, dass der Prozess der Aufarbeitung der Verbrechen, die wegen dieses Krieges passiert sind, fortgesetzt wird. Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Volksgruppen in Äthiopien weiter gefördert wird und dass hier insgesamt eine Versöhnungsperspektive für das Land möglich macht, dass es seine Kraft und seine Bedeutung hier in Afrika auch für die Zukunft entfalten kann.

Ich freue mich über die vielen Gespräche hier und bin sehr überzeugt davon, dass das eine große Bedeutung für das künftige Verhältnis unseres Landes zu den afrikanischen Staaten und für die Möglichkeiten, die sich für uns daraus ergeben, hat.

Ich werde nach den Gesprächen in Äthiopien dann weiter nach Kenia fahren. Auch dort geht es um die Entwicklung guter Beziehungen mit einem Land, das sehr lange demokratische Traditionen hat und wo es auch gute Möglichkeiten für wirtschaftliche Kooperation gibt, aber wo es auch Möglichkeiten gibt, Entwicklungen voranzutreiben, etwa, wenn es um erneuerbare Energien geht. Auch das werden Gespräche sein, die für die Stabilität in der Region von großer Bedeutung sind; denn sowohl Äthiopien als auch Kenia sind wichtig, wenn es darum geht, dass Konflikte wie derjenige, der gegenwärtig in Sudan ausgebrochen ist, gelöst werden können, und wenn es darum geht, die Zusammenarbeit voranzubringen und dabei hilfreich zu sein. Auch das ist ein Ziel dieser Reise.

Frage: Herr Bundeskanzler, warum plädieren Sie dafür, dass die Afrikanische Union Mitglied der G20 wird? Welche Staaten neben den USA – Herr Biden hat sich ja ähnlich geäußert – haben Sie da auf Ihrer Seite?
BK Scholz: Afrika muss in den internationalen Beziehungen, in der internationalen Politik eine größere Rolle spielen – eine Rolle, die dem Kontinent und seiner wachsenden Bedeutung gerecht wird. Schon heute leben dort sehr, sehr viele Menschen und es ist ein Kontinent mit einer jungen Bevölkerung, sodass wir heute davon ausgehen können, dass bald zweieinhalb Milliarden Menschen auf dem afrikanischen Kontinent leben werden. Deshalb ist es nur zu richtig und längst überfällig, dass die Afrikanische Union einen Sitz bei den G20 hat.

Es gibt mehrere Staaten, die mir bereits in meinen Gesprächen signalisiert haben, dass sie einen solchen Sitz unterstützen, und deshalb bin ich sehr fest davon überzeugt, dass mein Vorschlag, dass die Afrikanische Union einen Sitz bei den G20 haben wird, bald auch realisiert werden kann.

Frage: Wie sehen Sie nach Ihren Gesprächen die Chance für eine Befriedung im Sudan?
BK Scholz: Das ist im Augenblick unverändert eine hochgefährliche und brenzlige Situation im Sudan. Die zwei militärischen Strukturen des Sudan führen Krieg gegeneinander im Land. Darunter leidet die Bevölkerung, und es ist sehr unmittelbar die Gefahr gegeben, dass viele Länder um den Sudan herum und von weiter weg versuchen, in diesem Konflikt zu intervenieren, sich auf die Seiten zu schlagen und die weitere Eskalation des Konfliktes damit zu ermöglichen und zu provozieren. Deshalb ist es wichtig, dass zusammengearbeitet wird, und darum ist auch wichtig, dass die Afrikanische Union, dass die regionale Gemeinschaft der hier relevanten Staaten einen Friedensprozess vorschlägt – und wir wollen dabei hilfreich sein. (Bundesregierung, Mitschrift Pressekonferenz)