EuGH erklärt EU-Abkommen mit Marokko wegen Westsahara-Konflikt für ungültig: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am Mittwoch in Luxemburg über den Rechtsfall T-279/19: „Front Polisario gegen den Rat der Europäischen Union (EU)“ und erklärte gleich zwei Entscheidungen der EU für nichtig. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob die EU ein Assoziierungsabkommen mit Marokko aushandeln durfte, in dessen Rahmen es auch um die Fischereirechte vor der Küste der früheren spanischen Kolonie Westsahara geht. Betroffen war zudem die Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten aus der Westsahara, die die EU im Rahmen eines Landwirtschaftsabkommens mit Marokko regeln wollte. Die Befreiungsbewegung Frente Polisario klagte gegen die ihres Erachtens völkerrechtswidrigen Abkommen und obsiegte vor dem EuGH.
Dieser erklärte wie schon in einigen vergleichbaren Urteilen seit 2016, den Vertretern der EU sei es nicht gelungen zu belegen, dass das Volk der Westsahara insgesamt oder aber sein legitimer Vertreter, die Frente Polisario, ihre Zustimmung zu den Verträgen gegeben hätten, wie es das Völkerrecht erfordere. Zudem betonte das Gericht erneut, die Westsahara sei nicht Teil Marokkos, sondern habe einen „separaten und eigenen Status“. Marokko hingegen betrachtet die vom marokkanischen König Hassan II. nach Abzug der spanischen Kolonialmacht im Jahre 1975 weitgehend annektierte rohstoffreiche Region als integralen Bestandteil seines Staatsgebiets. Als Vertreterin der Sahrauis setzt die Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario sich seit langer Zeit dafür ein, die Selbstbestimmung des sahrawischen Volks und den Abzug Marokkos aus Westsahara zu erreichen. Nicht überraschend wurde das Urteil von der Polisario einhellig begrüßt und als Sieg gefeiert. Der marokkanische Außenminister Bourita und der EU-Außenbeauftragte Borrel, beide offenbar auf eine Niederlage vor Gericht vorbereitet, erklärten in einer gemeinsamen Erklärung, man wolle sich bemühen, den rechtlichen Rahmen aufrechtzuerhalten, der die Stabilität des Handels zwischen der EU und Marokko garantiere. In der Vergangenheit hatte Marokko z.T. heftig auf im Tenor ähnliche Urteile des EuGH reagiert. Auch die Beziehungen zwischen Deutschland und Marokko befinden sich derzeit u.a. wegen der Westsaharafrage in einer tiefen Krise. Die seit dem Rücktritt des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler vakante Stelle des UN-Sonderbeauftragten für die Westsahara soll am 1. November mit dem schwedisch-italienischen Diplomaten Staffan de Mistura wieder besetzt werden.
Tunesiens Präsident ernennt neue Regierungschefin: Mehr als zwei Monate nach der weitgehenden Machtergreifung durch Tunesiens Präsident Kais Saied hat dieser am Mittwoch die Geologin Najla Bouden Romdhane zur Premierministerin ernannt. Die 63-jährige Professorin ist damit die erste weibliche Regierungschefin in Tunesien und der gesamten arabischen Welt …
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