Im Machtkampf zwischen Präsident Saied und dem Parlament werden die demokratischen Errungenschaften des Arabischen Frühlings zerstört. Lange galt Tunesien als das einzige erfolgreiche demokratische Beispiel des „Arabischen Frühlings“. Seit 2011 fanden drei Parlaments- und zwei Präsidentschaftswahlen statt, und das Land verfügt über eine Verfassung und liberale Institutionen. Leider sieht sich Tunesien seit einigen Monaten mit einer beispiellosen Krise konfrontiert, die Zweifel hinsichtlich der zukünftigen Stabilität des Landes aufkommen lässt.
Ausgangspunkt war ein durch die Wahlen 2019 entstandener Machtkonflikt. Auf der einen Seite befindet sich Kais Saied, der mit überwältigender Mehrheit gewählte Präsident, der jedoch nur über wenige Befugnisse verfügte, auf der anderen Seite das tunesische Parlament, das von einer Koalition unter Führung der islamistischen Partei Ennahda, die bisher das politische Leben dominierte, beherrscht wurde. Die beiden lieferten sich zwei Jahre lang einen erbitterten Schlagabtausch, bevor der Präsident schließlich das wagte, was in der Politikwissenschaft als autogolpe (Selbstputsch) bezeichnet wird, bei dem ein gewählter Präsident die gesamte Macht an sich reißt – und nicht etwa die Armee die Regierung stürzt.
Am 25. Juli 2021, dem Jahrestag der Gründung der Republik 1957, entließ der Präsident den Regierungschef und suspendierte das Parlament, bevor er es schließlich ganz auflöste.
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