Nigeria: immer wieder tödliche Konflikte um Wasser und Weideland

Nigeria: immer wieder tödliche Konflikte um Wasser und WeidelandIn Zentralnigeria, dem so genannten Middle Belt – Nigerias Kornkammer -, streiten seit Jahrzehnten überwiegend christliche Bauern und mehrheitlich muslimische Viehzüchter um Weiderechte und Wasser.
Erneut sind mindestens 134 Menschen von bewaffneten Gruppen getötet worden. Der Gouverneur des betroffenen Bundesstaates Benue, Samuel Ortom, erklärte , dass Viehhirten der ethnischen Gruppe der Fulani für die Angriffe verantwortlich seien. Bereits in der Vergangenheit habe es ähnliche Übergriffe in der Region gegeben.

Insgesamt sei es in den letzten Tagen zu drei Angriffen gekommen, sagte Nathaniel Ikyur, Pressesprecher des Gouverneurs „Bei dem jüngsten Angriff, der sich am 7. April ereignete, wurden 36 Menschen getötet.“

Traditionell geht es bei den Rivalitäten um Wasser und Weide- oder Ackerland in einer Region, die immer schon extremen Klimaschwankungen unterworfen war, die immer wieder von Hungersnöten geplagt wird, in der das Überleben hart ist und das Bevölkerungswachstum explodiert.

Eine der Ursachen für die Konflikte liegt darin, dass die meisten Landrechte in Afrika südlich der Sahara nicht schriftlich festgehalten sind. Nur etwa zehn Prozent der ländlichen Flächen in Afrika sind formal dokumentiert. Nutzungsrechte werden in fast allen Fällen mündlich vereinbart. Ressourcennutzungsrechte sind oft nicht an Landrechte gekoppelt. Wachsende Auseinandersetzungen und Konflikte sind absehbar. Land ist in manchen Ländern knapp geworden und Viehzüchter beanspruchen immer mehr Flächen. Das Zusammenleben von Ackerbauern und Viehzüchtern wird immer schwieriger.

In Ländern wie zum Beispiel Mali, Burkina Faso, Guinea, Tschad, Niger, Nigeria, Benin, Kenia kostet der Konflikt jedes Jahr Menschenleben, wenn Bauern und Viehzüchter, die meist bewaffnet sind, aneinandergeraten. Typische Konflikte mit sesshaften Landwirten beruhen darauf, dass sich die Nomaden auf Traditionen berufen, während bei den Bauern wegen der Bevölkerungsentwicklung der Bedarf an Ackerland wächst. Tiere laufen frei umher und zertrampeln Ackerland vor oder während der Ernte. Obwohl die Bauern so ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können, werden die Verursacher der Schäden, die Hirten und die Besitzer der Tiere, oft nicht bestraft. Wenn die Justiz korrupt ist, können Viehzüchter sich das Urteil kaufen.

Über den Konflikt wird seit Jahren in Nigeria debattiert.  Land wird knapp in einem Land, wo sich die Bevölkerung in den vergangenen 60 Jahren etwa vervierfacht hat. Nigerias Präsident Muhammadu Buhari, ein ethnischer Fulani, wurde oft beschuldigt nichts gegen die Gewalt zu unternehmen. Mutmaßliche Täter blieben straflos. Religiöse Anfeindungen überlagern zusätzlich das friedliche Miteinander.

Anders in Ruanda. Die Rinder tragen dort Ohrmarken, und wer keinen Stall für die Tiere nachweisen kann, darf keine halten. (*Volker Seitz, Bild: silviadegio/Pixabay)

*Volker Seitz war von 1965 bis 2008 für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“ (dtv).  Inzwischen liegt das Buch aktualisiert und erweitert in elfter Auflage vor.