Seenotrettung: Ärzte ohne Grenzen fordert Stopp der europäischen Finanzierung und Ausrüstung der libyschen Küstenwache und Schaffung legaler Fluchtwege nach Europa

Seenotrettung: Ärzte ohne Grenzen fordert Stopp der europäischen Finanzierung und Ausrüstung der libyschen Küstenwache und Schaffung legaler Fluchtwege nach EuropaIn Reaktion auf die Erklärung der Menschenrechtsbeauftragten erklärt Marie von Manteuffel, Expertin für Migration und Flucht von Ärzte ohne Grenzen: „Wir begrüßen die Erklärung, dass Organisationen der zivilen Seenotrettung unterstützt werden müssen. Nach wie vor wird die zivile Seenotrettung jedoch massiv behindert. Aktuell warten gleich drei Schiffe im Mittelmeer mit mehr als 1000 aus Seenot geretteten Menschen an Bord auf die dringende Zuweisung eines sicheren Hafens.

Die Seenotrettungsleitstellen in Malta, Italien und auch in Deutschland verzögern seit Jahren die Abläufe und zwingen vielfach traumatisierte und teils kranke oder verletzte Überlebende sowie Mütter mit kleinen Kindern, bange Tage auf hoher See zu verbringen, bevor die Schiffe einen sicheren Hafen anfahren dürfen. Das ist eine Farce.

Die zentrale Mittelmeerroute hält nach wie vor den traurigen Rekord der tödlichsten Fluchtroute der Welt. Allein in diesem Jahr sind bei dem verzweifelten Versuch, dem Schrecken und der Gewalt in Libyen zu entkommen, mehr als 1000 Menschen ertrunken oder werden vermisst. Auch hier steht die Bundesregierung wie sämtliche andere EU-Mitgliedstaaten in der Pflicht, mindestens die Vulnerabelsten unter den vielen in Libyen gestrandeten Schutzsuchenden über legale Fluchtwege aufzunehmen. Im Jahr 2022 wurde hingegen bislang kein einziger Mensch aus Libyen nach Deutschland aufgenommen, kein einziger Fall des Familiennachzugs geflüchteter Menschen aus Libyen ermöglicht.

Wir erwarten von der Ampelkoalition, dass sie umgehend mit der Umsetzung des im Koalitionsvertrag angekündigten Paradigmenwechsels in der Flüchtlingspolitik beginnt. Sie muss sich ernsthaft und nachdrücklich für ein europäisches Seenotrettungsprogramm auf dem zentralen Mittelmeer einsetzen. Darüber hinaus muss die europäische Finanzierung und Ausrüstung der libyschen Küstenwache gestoppt werden und die Schaffung von legalen Fluchtwegen nach Europa vorangetrieben werden.”