Warum belegt Trump Madagaskar und La Réunion so hart mit Strafzöllen?

Warum belegt Trump Madagaskar und La Réunion so hart mit Strafzöllen?

Im Rahmen seines weltweiten Handelskriegs verhängt der US-Präsident außergewöhnlich harte Zölle gegen Madagaskar – eines der am stärksten betroffenen Länder, obwohl es wirtschaftlich relativ unbedeutend ist – sowie gegen La Réunion. Diese Maßnahmen bedrohen Tausende von Arbeitsplätzen und stören das regionale Gleichgewicht im Indischen Ozean.

Es ist ein Donnerschlag am ohnehin schon stürmischen Himmel der internationalen Handelsbeziehungen. Während Donald Trump sein protektionistisches Arsenal gegen China, Europa und Mexiko richtet, trifft es paradoxerweise besonders Madagaskar mit einem der drastischsten Zollaufschläge – bis zu 47 Prozent. In einer Rede im Bundesstaat Michigan begründete der US-Präsident diese Maßnahmen mit angeblichem „sozialem und ökologischem Dumping“ – und zielte dabei überraschenderweise auch auf La Réunion. Hinter dieser ungewöhnlich harten Offensive gegen eines der ärmsten Länder der Welt steckt eine komplexe Strategie, in der wahlpolitisches Kalkül und geopolitische Neuordnung im Indischen Ozean zusammenkommen.

Madagaskar verliert seinen bevorzugten Zugang zum US-Markt
Für Madagaskar ist dies ein Schock. Als erstes afrikanisches Land von diesen Maßnahmen betroffen, unterliegen nun die Textil-Exporte aus den Freihandelszonen der Insel Zöllen von über 20 Prozent – bei einigen Produkten sogar bis zu 47 Prozent, so berichtet Reuters. Ein harter Schlag für einen Sektor, der bisher zehntausende Arbeitsplätze in den Industriezentren von Antananarivo und Tamatave sicherte. Auch die Vanilleproduktion – Madagaskar ist weltweiter Spitzenreiter – ist stark betroffen.

„Das ist katastrophal. Unsere Fabriken liefen auf Hochtouren dank der Vorteile des AGOA-Programms und des Systems der allgemeinen Zollpräferenzen. Jetzt sind unsere Produkte über Nacht auf dem US-Markt nicht mehr wettbewerbsfähig“, erklärt ein Vertreter des Unternehmerverbands von Madagaskar. „Einige unserer Unternehmen exportieren bis zu 70 Prozent ihrer Produktion in die USA. Ohne rasche Alternativen drohen massive Entlassungen.“

La Réunion, französisches Überseegebiet im Fadenkreuz
Noch überraschender ist, dass auch La Réunion, ein französisches Übersee-Département, ins Visier Trumps gerät. Trotz seines EU-Status hat die Insel direkte Exportbeziehungen zu den USA aufgebaut – mit hochwertigen Produkten wie Premium-Rum, Bourbon-Vanille, pflanzenbasierter Kosmetik und Zuckerrohr-Derivaten.

„Wir dachten, wir seien durch EU-USA-Abkommen geschützt, aber bestimmte unserer Produkte werden ausdrücklich getroffen“, warnen lokale Produzenten. „Unsere Familienbetriebe und Destillerien können solche Preiserhöhungen nicht auffangen. Das gefährdet unsere gesamte Qualitätsstrategie.“

Internationale Handelsexperten in Saint-Denis vermuten dahinter eine gezielte Botschaft: Trump wolle Europa treffen, indem er ein französisches Territorium ins Visier nimmt. Zudem könnte es ein Versuch sein, Frankreichs Einfluss im Indischen Ozean zu schwächen – einer Region, in der USA und China zunehmend um Einfluss ringen.

Wahlkampfstrategie mit weitreichenden Folgen
Trumps Hauptmotiv ist wohl wahlpolitisch. Mit dem Versprechen, „Jobs nach Amerika zurückzuholen“, spricht er gezielt Arbeiter in wichtigen Swing States an und positioniert sich gegen Billiglohnländer. Doch diese kurzfristige Strategie könnte sich als Bumerang erweisen. „Trump greift Länder an, die bislang zum westlichen Einflussbereich gehörten“, meint ein Regionalexperte. „Das wird Madagaskar wahrscheinlich weiter in Richtung China und Indien treiben. Und La Réunion war ein stabiler französischer Handelsposten in einer instabilen Region – diese Entscheidung könnte eine Umverlagerung der Handelsströme einleiten, die letztlich Washington selbst schadet.“

Auch US-Unternehmen wie General Atlantic und Levi’s, die große Produktionsstätten in Madagaskar betreiben, äußern bereits Besorgnis. Ihr Geschäftsmodell gerät ins Wanken – ganz zu schweigen von möglichen Gegenmaßnahmen durch die Afrikanische Union oder Frankreich. Trumps Kalkül könnte sich am Ende also als schwerwiegender Fehler entpuppen. (Quelle: afrik.com)