DAS-Afrika-Pressespiegel KW 27/2023: Wegweisend?

DAS-Afrika-Pressespiegel KW 27/2023: Wegweisend?UN-Friedensmission in Mali wird beendet: Letzten Freitag beschloss der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York einstimmig, das Mandat der langjährigen UN-Friedensmission MINUSMA in Mali mit sofortiger Wirkung zu beenden. Mit der Einstellung aller MINUSMA-Operationen, der Übertragung ihrer Aufgaben sowie mit dem gesicherten Abzug des Personals werde ab 1. Juli begonnen, so die Resolution 2690. Der vollständige Truppenabzug soll bis zum Jahresende erfolgen.

Mit dieser Entscheidung kommt der UN-Sicherheitsrat den Forderungen des malischen Außenministers Diop nach, der nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts der UN-Menschenrechtskommission über ein Massaker an hunderten Zivilistinnen und Zivilisten durch Malis Armee und die russische Söldnertruppe Wagner vor drei Wochen vor dem UN-Sicherheitsrat den unverzüglichen Abzug der MINUSMA gefordert hatte. Bereits seit Monaten verschärfen sich die Spannungen zwischen MINUSMA und der malischen Übergangsregierung, die der UN-Mission zum einen mangelnde Erfolge sowie eine Überschreitung ihres Mandats, das sich auf Friedenssicherung und nicht auf die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen beziehe, vorwirft.

Auch die Intensivierung der Zusammenarbeit mit russischen Kräften wie der Wagner-Gruppe sowie die Erschwerung des MINUSMA-Einsatzes, z.B. durch Flugverbote, bildeten immer wieder Streitpunkte. Côte d’Ivoire, Deutschland, Großbritannien und Schweden haben nun den Abzug ihrer an der MINUSMA beteiligten Truppen angekündigt. Deutschland hatte sich bereits mit der Zustimmung eines Auslaufmandats bis zum 31.5.2024 den Weg für den Abzug geebnet. Eine Änderung des Mandats lehnte der Deutsche Bundestag gestern in einer namentlichen Abstimmung mit großer Mehrheit ab; zwar würde man den Abzug schneller als ursprünglich geplant durchführen müssen, dennoch biete das im Mai verabschiedete Mandat die notwendigen Voraussetzungen hierzu, so die mehrheitlichen Stimmen im Parlament.

Deutschland hatte bereits im Juni mit dem Rücktransport von Ausrüstung begonnen, muss diesen nun aber schneller und vor allem zeitgleich mit allen anderen MINUSMA-Partnern durchführen, was logistische Herausforderungen mit sich bringt. Neben Waffen und Munition müssen auch geschützte Fahrzeuge, Fernmeldetechnik und Computer transportiert werden – laut Schätzungen aus dem Verteidigungsministerium handele es sich hierbei um rund 1.500 Containeräquivalente, die das Land verlassen müssen. Das Zurücklassen oder Zerstören von Material solle nur im Falle einer sich massiv verschlechternden Sicherheitslage in Betracht gezogen werden. Das Ende des Mali-Einsatzes bedeutet jedoch nicht das Ende des deutschen Engagements in der Region. Die Bundeswehr wird sich weiterhin an der EU-Parnterschaftsmission EUMPM im Nachberstaat Niger beteiligen. Das Mandat läuft zunächst bis zum 31.5.2024.

Die malische Übergangsregierung begrüßte die Entscheidung des UN-Sicherheitsrates, auch wenn Außenminister Diop ursprünglich einen vollständigen Abzug innerhalb von drei Monaten gefordert hatte, während die internationalen Reaktionen eher gemischt ausfielen. So gibt es einerseits Anerkennung für die geleistete Arbeit, aber auch Bedenken hinsichtlich der fragilen Sicherheitssituation und der langfristigen Auswirkungen des Abzugs. UN-Generalsekretär António Guterres lobte die UN-Friedensmission in Mali und den Einsatz der Belegschaft vor Ort und forderte die Übergangsregierung auf, den geordneten Abzug des Personals und der Vermögenswerte sicherzustellen. Gleichzeitig ermahnte er, dass das Friedensabkommen von 2015 eingehalten und die Sicherheit im Land gewährleistet werden müsse.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock nannte auf Twitter das abrupte Ende von MINUSMA eine bittere Nachricht für die malische Zivilbevölkerung, der die Mission Schutz und Hoffnung gegeben hatte. Mit dem Ende der Stabilisierungsmission MINUSMA, die seit 2013 in Mali stationiert ist, verlassen rund 13.000 Blauhelmsoldatinnen und -soldaten das westafrikanische Land. Expertinnen und Experten warnen nun vor einem Sicherheitsvakuum, das die malischen Streitkräfte auch mit russischer Unterstützung – aktuell befinden sich Schätzungen zufolge etwa 1000 Wagner-Söldnerinnen und -Söldner in Mali – nicht schließen könnten. MINUSMA gilt als zweitgrößte Arbeitgeber im Land; durch den Abzug werden innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Ortskräfte der MINUSMA ihre Jobs verlieren, was enormes Rekrutierungspotential für dschihadistische Gruppierungen bietet. Auch der friedliche Übergang zu einer zivilen Regierung bleibt ungewiss. Am 18. Juni wurde nach einem Referendum mit großer Mehrheit, aber geringer Wahlbeteiligung, eine Verfassungsänderung angenommen, welche die Machtposition des Übergangspräsidenten Assimi Goïta stärkt und dessen Befugnisse erweitert.

Infra for Africa Forum in Togo: Von Montag bis Dienstag fand in Lomé, Togo die erste Ausgabe des Infra for Africa Forums unter dem Motto „Bankfähig, skalierbar, replizierbar“ statt. Organisator des Forums ist Africa50, eine 2013 von afrikanischen Regierungen und der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) gegründete Investitionsplattform zur Mobilisierung von Finanzmitteln für Infrastrukturprojekte in Afrika, die in den letzten sechs Jahren bereits über 6,6 Mrd. US-Dollar in Infrastrukturen investiert hat …

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