Mosambik: 25. Juni 1975 – das Ende von fünf Jahrhunderten portugiesischer Kolonialherrschaft

Mosambik: 25. Juni 1975 – das Ende von fünf Jahrhunderten portugiesischer Kolonialherrschaft

Ein Rückblick von RFI: Am 25. Juni 1975 erklärt Mosambik seine „vollständige und uneingeschränkte Unabhängigkeit“ von Portugal – einer europäischen Kolonialmacht, die das Land seit dem späten 15. Jahrhundert kontrolliert hatte. Die Entstehung dieses neuen afrikanischen Staates geht auf einen langjährigen Befreiungskampf zurück, der ab 1964 von der FRELIMO (Mosambikanische Befreiungsfront) geführt wurde. Ein Rückblick auf die entscheidenden Etappen von der Kolonisation bis zur Unabhängigkeit:

Eine unverzichtbare Zwischenstation des Seehandels
Kurz vor dem Jahr 1500 erreicht der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama die Küste Mosambiks. Auf dem Weg nach Indien, wo er von dem lukrativen Gewürzhandel profitieren wollte – bislang beherrscht von venezianischen und genuesischen Kaufleuten –, etabliert Portugal eine neue Seehandelsroute rund um Afrika. Mosambik, insbesondere die heutige Insel Mosambik, wird zur zentralen Zwischenstation auf dieser Route.

Die Ostküste Afrikas bleibt bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts der Verwaltung in Goa (Indien) unterstellt.

Reichtümer des Landes
Neben seiner strategischen Bedeutung weckt das Land auch wegen seiner Rohstoffe Begehrlichkeiten: Portugiesen folgen dem Sambesi flussaufwärts, um arabische Handelsnetze zu zerschlagen und lokale Reiche zu unterwerfen – auf der Suche nach Gold, Elfenbein und Baumwolle.

Später floriert der Sklavenhandel. Arbeitskräfte werden insbesondere in französische Kolonien im Indischen Ozean und nach Brasilien verschifft. Der Norden Mosambiks leidet besonders stark unter dieser Praxis.

„Befriedung“ und Ultimatum
Im späten 19. Jahrhundert übernehmen private Konzessionsgesellschaften die Kontrolle, als die Berliner Konferenz eine „effektive Besetzung“ afrikanischer Gebiete fordert. Portugal beansprucht mit seiner „rosaroten Karte“ ein zusammenhängendes Kolonialgebiet von Angola bis Mosambik. Doch 1890 setzt Großbritannien, traditioneller Verbündeter Portugals, dem mit einem Ultimatum ein Ende: Portugal soll Gebiete wie das heutige Sambia, Simbabwe und Malawi räumen. Der britische Imperialist Cecil Rhodes verfolgt seine Vision eines britischen Eisenbahnimperiums von Kairo bis Kapstadt.

Eroberung und Widerstand
Die tatsächliche Besetzung Mosambiks erfolgt unter dem Deckmantel der „Befriedung“, was in Wahrheit über 160 Militäroperationen zwischen 1854 und 1916 bedeutet, so der Historiker René Pélissier.

Die Portugiesen stoßen auf erbitterten Widerstand. Ihre Präsenz beschränkt sich lange auf Küstenforts und Flussrouten. Die Gefangennahme von Kaiser Ngungunhane 1895 – Herrscher des Gaza-Reiches im Süden – ist ein einschneidendes Ereignis. Er wird nach Lissabon deportiert und stirbt 1906 auf den Azoren.

Im Landesinneren etabliert Portugal das System der „prazos da coroa“, Landkonzessionen für mehrere Generationen, mit einer teils asiatisch-portugiesischen Elite.

Kolonialsystem
Obwohl die Sklaverei im 19. Jahrhundert formal abgeschafft wird, bleibt Zwangsarbeit bis ins 20. Jahrhundert hinein die Regel. Die Kolonialverwaltung verlangt Steuerzahlungen in bar – was die lokale Bevölkerung zwingt, auf Plantagen zu arbeiten.

Der Historiker Luís Covane erklärt: „Ziel war es, Steuern einzutreiben, um Arbeitskräfte für die portugiesischen Siedlerplantagen sicherzustellen.“ Der ehemalige Gesundheitsminister Hélder Martins betont: Nur etwa 1 % der Bevölkerung hatte jemals den Status eines „Assimilierten“ – der Zugang zu Bildung, Gesundheit und Eigentum blieb der breiten Bevölkerung verwehrt.

Die Endphase der Kolonialherrschaft vollzieht sich unter der Diktatur von Salazar und später Caetano (1926–1974). Das Kolonialgesetz von 1930 definiert es als „Wesensmerkmal der portugiesischen Nation“, überseeische Gebiete zu besitzen und deren Bevölkerung zu „zivilisieren“. Die Regierung fördert die Ansiedlung von Europäern: 1928 lebten 18.000 Portugiesen in Mosambik – 1973 waren es bereits 200.000.

Die Wirtschaft setzt stark auf afrikanische Rohstoffe. So liefert der Norden Baumwolle, während Mosambik gleichzeitig gezwungen ist, Textilien aus Portugal zu importieren.

Massaker und Beginn des Befreiungskampfs
Während andere Kolonien in den 1950er/60er Jahren ihre Unabhängigkeit erlangen, weigert sich Portugal beharrlich, Afrika zu verlassen – trotz des Verlusts seiner indischen Gebiete 1961 (Goa, Damão und Diu).

Ein Wendepunkt ist das Massaker von Mueda im Juni 1960: Die brutale Niederschlagung einer bäuerlichen Protestbewegung im Norden des Landes radikalisiert die Bevölkerung.

1962 gründet sich in Dar es Salaam (Tansania) die FRELIMO.

Der bewaffnete Kampf
Laut Ex-Präsident Joaquim Chissano versuchte FRELIMO, Portugal zur Umsetzung der UN-Resolution zur Dekolonisierung von 1960 zu zwingen. Inspiriert von anderen Unabhängigkeitsbewegungen (Angola, Guinea-Bissau), beginnt FRELIMO am 25. September 1964 den bewaffneten Kampf, u.a. in den Provinzen Zambézia, Niassa, Cabo Delgado und Tete.

1969 stirbt FRELIMO-Präsident Eduardo Mondlane bei einem Bombenanschlag. Der Krieg kostet Portugal immense Summen – bis zur Hälfte des Staatshaushalts.

Das Massaker von Wiriyamu im Dezember 1972 – mindestens 385 Zivilisten werden von portugiesischen Truppen ermordet – schockiert die Weltöffentlichkeit. Erst 2022 bittet Premier António Costa offiziell um Entschuldigung.

Der Weg zur Unabhängigkeit:
Mit dem Militärputsch in Lissabon am 25. April 1974 endet das Salazar-Regime. Die neuen Machthaber erklären, dass die Lösung für die Überseegebiete politisch – nicht militärisch – sein müsse.

Nach dem Lusaka-Abkommen im September 1974 erkennt Portugal die Unabhängigkeit Mosambiks an. Am 25. Juni 1975 wird sie offiziell ausgerufen.

Eine überhastete Dekolonisation
Der gerade eingeweihte Cahora-Bassa-Staudamm galt als Stolz des Kolonialreichs. Doch der junge Staat ist infrastrukturell am Boden: 93 % Analphabetismus, nur 171 Ärzte für über 10 Millionen Menschen.

Die meisten Europäer verlassen Mosambik – aus Angst vor Machtverlust und Rache. Die Radioanlagen von Rádio Clube de Moçambique werden kurz vor der Unabhängigkeit von Kolonialisten besetzt. Am 21. Oktober 1975 kommt es in Maputo (ehemals Lourenço Marques) zu schweren rassistischen Ausschreitungen.

Kalter Krieg und Bürgerkrieg
Umgeben von weißen Minderheitsregimen (Südafrika, Rhodesien), wird Mosambik bald zum Schauplatz des Kalten Krieges. Der Bürgerkrieg beginnt 1977. Der Westen und Apartheid-Südafrika unterstützen die RENAMO – den bewaffneten Widerstand gegen das marxistische Regime der FRELIMO, die wiederum vom Ostblock unterstützt wird.

Erst das Friedensabkommen von Rom 1992 beendet nach 16 Jahren den Bürgerkrieg.

50 Jahre Unabhängigkeit – ein schwieriger Weg

Seit 30 Jahren ist die RENAMO entwaffnet und (zum Teil) in die Politik integriert. Dennoch gibt es regelmäßig Spannungen bei Wahlen. Seit 2017 wird der Norden – besonders Cabo Delgado – von islamistischen Angriffen erschüttert. Dort befinden sich große Offshore-Gasvorkommen, auf die die Regierung große Hoffnungen setzt.

FRELIMO ist weiterhin dominant, inzwischen unter der Führung von Daniel Chapo. Seit den 1990ern hat sich die Partei vom Marxismus-Leninismus verabschiedet und betreibt eine liberale Wirtschaftspolitik.

Trotz Phasen starken Wachstums liegt Mosambik im Index für menschliche Entwicklung auf Rang 185.

Terrorismus, soziale Ungleichheit, ausländische Truppenpräsenz (Rwanda, Tansania) und Korruptionsskandale (u.a. „versteckte Schulden“) untergraben das Vertrauen in Politik und Institutionen.

2025 sehnen sich viele Mosambikaner nach Frieden, Stabilität und gerechter Entwicklung.