Regionale Lösungen für die Herausforderungen Westafrikas: Deutschland sagt ECOWAS weitere Unterstützung zu

Regionale Lösungen für die Herausforderungen Westafrikas: Deutschland sagt ECOWAS weitere Unterstützung zu
ECOWAS-Vizepräsidentin Damtien Tchintchibidja. Foto: X

Deutschland wird die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS verstärkt darin unterstützen, Frieden in der Region zu sichern und künftigen Krisen vorzubeugen. Das vereinbarten das Entwicklungsministerium (BMZ) und die ECOWAS-Kommission heute in Berlin. Angeführt wurden die Delegationen von Entwicklungsministerin Svenja Schulze und der Vizepräsidentin von ECOWAS, Damtien Tchintchibidja. Die vom BMZ für Friedensförderung und wirtschaftliche Entwicklung zugesagte Unterstützung beläuft sich auf insgesamt rund 81 Millionen Euro. ECOWAS setzt sich derzeit in der Niger-Krise aktiv als Vermittlerin ein und begleitet auch in Mali und Burkina Faso den Übergangsprozess zurück zur Demokratie.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze: „Lösungen für die Krisen in Westafrika müssen aus der Region kommen. ECOWAS ist dabei eine zentrale Akteurin, die nicht nur aktiv in Krisen vermittelt, sondern auch viel für die Krisenprävention leistet. Meine Rolle als Entwicklungsministerin ist es, die Lösungen aus der Region für Frieden und wirtschaftliche Entwicklung tatkräftig zu unterstützen. Dabei geht es auch darum, die tieferen Ursachen der Konflikte anzugehen. Dazu gehören eine wirtschaftliche Entwicklung, die Jobs schafft für die junge Bevölkerung, soziale Sicherungssysteme und lokale Behörden, die sich sichtbar um die Versorgung der Menschen kümmern.“

Folgende Schwerpunkte der Zusammenarbeit wurden für die kommenden Jahre vereinbart:
Friedensentwicklung und Krisenprävention: Seit 2020 sind in vier ECOWAS-Mitgliedsstaaten Regierungen durch Putsche gestürzt worden: in Mali, Guinea, Burkina Faso und zuletzt in Niger. Die Krise im Sahel strahlt mittlerweile auch auf die südlichen Nachbarn am Golf von Guinea aus. Es besteht die große Gefahr, dass extremistische Gewalt auf diese Länder überschwappt. Das BMZ unterstützt ECOWAS, ihr langfristig angelegtes ziviles Engagement in der Region zu stärken, etwa durch den Ausbau des „Fonds für Regionale Stabilisierung und Entwicklung in fragilen Regionen der ECOWAS-Mitgliedsstaaten“. Der Fonds leistet einen wichtigen Beitrag zu Krisenprävention und -bewältigung zum Beispiel durch die Schaffung neuer Jobs. Denn die Erfahrung lehrt, dass Extremisten es mit Rekrutierungsversuchen viel schwerer haben, wenn es Alternativen und Perspektiven gerade für junge Menschen gibt. Das BMZ berät die ECOWAS-Kommission zudem bei der Prävention von gewalttätigen Konflikten, etwa durch Stärkung der zivilen Kapazitäten der ECOWAS-Standby Force und Krisenfrühwarnsysteme.

Erneuerbare Energien und Energieeffizienz: Unzureichende und unzuverlässige Energieversorgung ist ein großes Entwicklungshemmnis in Westafrika. Nur etwa 42 Prozent der rund 400 Millionen Menschen in der Region haben Zugang zu Strom. Das BMZ unterstützt ECOWAS deshalb beim Aufbau eines westafrikanischen Strommarktes und Stromverbunds. Dazu gehört der Ausbau von erneuerbaren Energien.

Handel, Infrastruktur und nachhaltige Lieferketten: Der Wirtschaftsraum Westafrika hat durch das Engagement der ECOWAS mit ihren derzeit 15 Mitgliedsstaaten zahlreiche Fortschritte gemacht – durch verbesserten Handel in einer gemeinsamen Freihandelszone, grenzüberschreitenden Straßenbau oder den Ausbau der Kommunikationsnetze. Als beispielhafter Beschluss gilt die bereits 1979 beschlossene Personenfreizügigkeit. Damals wurde festgelegt, dass Bürger*innen der ECOWAS-Länder innerhalb der Region keinen Reisepass brauchen, sich bis zu 90 Tage ohne Visum in allen Mitgliedstaaten aufhalten und ihren Wohnsitz frei wählen können – alles wichtige Voraussetzungen, um grenzüberschreitenden Handel und private Investitionen anzukurbeln und Arbeitsplätze für die stark anwachsende junge Bevölkerung zu schaffen. Das BMZ unterstützt ECOWAS bei ihren selbstgesteckten Zielen, die Rahmenbedingungen für regionalen und kontinentalen Handel in der ECOWAS-Region weiter zu verbessern und das Bündnis erfolgreich in das afrikaweite Freihandelsabkommen AfCFTA einzubinden, an dessen Ausbau zurzeit die Afrikanische Union mit Hochdruck arbeitet. Dazu gehören Agrarhandel und die regionale Wertschöpfung in Westafrika durch Weiterverarbeitung lokaler Agrarprodukte mit einem Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen sowie unternehmerisch tätige Frauen, die sehr oft Motor des Wirtschaftslebens in den Kommunen vor Ort sind.

Gesundheit, Pandemien und One Health: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell sich Krankheiten grenzüberschreitend ausbreiten. Das BMZ unterstützt ECOWAS daher bei der Pandemieprävention mit dem Ziel, die Bevölkerung künftig besser vor Seuchen zu schützen. Konkret werden ECOWAS-Institutionen und spezialisierte Agenturen ein Überwachungssystem für Pandemieprävention und -kontrolle aufbauen.

Kommunikation: Auch bei der Stärkung ihrer Kommunikations- und Datenschutzkapazitäten wird das BMZ ECOWAS künftig stärker unterstützen. Ziel ist es, die Sichtbarkeit der Organisation als Motor der wirtschaftlichen und politischen Integration in der Region zu verbessern, sie in ihrer Rolle als Mittlerin für demokratische bzw. verfassungsmäßige Machtwechsel zu stärken und ihre Möglichkeiten zu verbessern, Desinformation in den Medien entgegenzuwirken.

Die ECOWAS
Die Economic Community Of West African States (ECOWAS) wurde 1975 mit dem Ziel gegründet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Westafrika zu fördern. Sie ist die älteste und aktivste regionale Organisation auf dem afrikanischen Kontinent. Inzwischen zählen auch zivil-militärische Friedenseinsätze und Maßnahmen zur Krisenprävention zu ihren Aufgaben. Die 15 Mitgliedsstaaten der ECOWAS sind Benin, Burkina Faso, Cabo Verde, Côte d’Ivoire, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Liberia, Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone und Togo. Die Mitgliedschaft von Mali, Niger, Burkina Faso und Guinea ist wegen der dortigen Putsche allerdings derzeit ausgesetzt. (bmz)