
Im Senegal ist das Meer, einst Lebensquelle für viele, heute für tausende Fischer ein Symbol der Verzweiflung geworden. Der Grund: massive Überfischung durch ausländische Fangflotten, die die lokalen Fischbestände drastisch dezimieren und ganze Gemeinschaften ihrer Lebensgrundlage berauben. Angesichts wachsender Not bleibt vielen Senegalesen keine andere Wahl, als ihr Glück anderswo zu suchen – oft unter Lebensgefahr – indem sie sich in Pirogen auf den gefährlichen Weg zu den Kanarischen Inseln machen. Ein menschliches Drama, das sich weitgehend unbeachtet zwischen den senegalesischen Küsten und den Seegrenzen Europas abspielt.
Senegals Fischerei wird von ausländischen Flotten erdrosselt
Der jüngste Bericht der Environmental Justice Foundation (EJF) ist eindeutig: 57 % der Fischbestände im Senegal befinden sich im Zustand des Zusammenbruchs. Hauptverantwortlich dafür sind industrielle Fangflotten – überwiegend aus Spanien und China – die mit zerstörerischen Methoden wie dem Grundschleppnetzfischen die Meeresökosysteme verwüsten. Diese Praktiken beeinträchtigen die Fortpflanzung der Fische und gefährden die Zukunft der lokalen Fischerei. Von den 43,7 % der im Senegal registrierten Fischereifahrzeuge unter Lizenz steht ein erheblicher Teil unter ausländischer Kontrolle – was die senegalesischen Küsten de facto in ein rechtlich geduldetes Plünderungsgebiet verwandelt.
Vom Fischernetz zum Flüchtlingsboot
Weil sie kaum noch Fische fangen, brechen die Einkommen der senegalesischen Fischer dramatisch ein. Ohne Alternativen bleibt vielen nur die Flucht: nicht mehr zum Fischen, sondern zum Überleben. Die Atlantikroute zu den Kanaren gehört inzwischen zu den tödlichsten Migrationsrouten weltweit. Im Jahr 2024 verzeichnete das spanische Innenministerium fast 47.000 irreguläre Ankünfte auf dem Archipel. Angeführt wird die Statistik von Migranten aus dem Senegal. Für viele ist die Migration die letzte Hoffnung – auf ein Einkommen, auf Würde, auf Überleben inmitten eines sterilen Meeres.
Ein Aufschrei gegen maritime Ungerechtigkeit
Im Senegal wächst der Protest. Karim Sall, Präsident der Organisation AGIRE, prangert die Doppelmoral westlicher Länder an: Einerseits verurteilen sie irreguläre Migration, andererseits tragen sie selbst zur Ausbeutung afrikanischer Ressourcen bei. Er spricht von „Plünderung“, von „moderner Piraterie“ – von einer Umweltungerechtigkeit, die mit menschlichem Leid einhergeht. In Joal-Fadiouth, einer Region mit Meeresschutzgebieten, kämpfen Fischer ums Überleben, während industrielle Trawler ungehindert die Meeresböden durchkämmen.
Dringender Reformbedarf in der Fischereipolitik
Fisch ist im Senegal nicht nur Wirtschaftsgut, sondern Grundlage der Ernährungssicherheit. Der Pro-Kopf-Verbrauch ist von 29 auf 17,8 kg pro Jahr gesunken – ein alarmierender Rückgang in einem Land, in dem Meeresproteine überlebenswichtig sind. Trotz Bemühungen der Regierung fehlt es an Transparenz bei der Lizenzvergabe, und die bisherigen Regulierungsmaßnahmen sind zu schwach, um eine Trendwende herbeizuführen. Fischerverbände fordern strengere Regeln, die nur noch nachhaltigen Schiffen Zugang zu den senegalesischen Gewässern erlauben. (Quelle : afrik.com)