
UNHCR und seine Partner sind gezwungen, wichtige Programme für Flüchtlinge im Tschad zu schließen oder einzuschränken, da Hilfsgelder fehlen. Noch nie dagewesene finanzielle Kürzungen der weltweiten humanitären Hilfe haben schwerwiegende Auswirkungen auf sudanesische Flüchtlinge im Tschad. Kliniken, Schulen und Programme zum Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt und Ausbeutung müssen geschlossen werden.
Gesundheit von Frauen besonders gefährdet
Die Versorgung im Bereich der Frauengesundheit ist besonders stark betroffen: Eine Entbindungsstation für geflüchtete Frauen musste bereits ihre Türen schließen. Immer mehr Frauen sind nun gezwungen, ohne medizinische Unterstützung zu Hause zu entbinden – mit teils tödlichen Folgen für Mütter und Neugeborene.
Alleine im Tschad werden in diesem Jahr mehr als 8.500 vertriebene Kinder den Zugang zu weiterführenden Schulen verlieren, da die Mittelkürzungen die Bezahlung der Lehrer nicht mehr zulassen. Sollten die Kürzungen bis 2026 andauern, könnten über 155.000 geflüchtete Kinder Zugang zu Bildung verlieren. Für viele junge Menschen bedeutet das den Verlust von Perspektiven – und macht sie noch verletzlicher gegenüber Ausbeutung und Missbrauch.
Schulabbruch, Perspektivlosigkeit – und wachsende Schutzrisiken
„Wir waren schockiert“, sagte Abdelrahim Abdelkarim, Schulleiter einer weiterführenden Schule in der Flüchtlingssiedlung Farchana im Osten des Tschad, über den Tag im Jänner, als er die Nachricht erhielt, dass keine Gelder mehr für die Zahlung der Lehrer*innengehälter zur Verfügung standen. „Die Kinder mussten ihre Schulbildung abbrechen. Viele von ihnen werden gefährliche und illegale Migrationsrouten wählen und versuchen, das Meer zu überqueren. Einige könnten dabei ertrinken, andere landen in Goldminen, wo sie arbeiten müssen.“
Der Tschad hat 1,3 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, darunter mehr als 760.000 sudanesische Flüchtlinge, die seit dem Ausbruch des brutalen Krieges in ihrem Land im April 2023 gekommen sind. Täglich überqueren Familien – vor allem Frauen und Kinder – die Grenze. Damit verschärfen sich die Herausforderungen für eines der ärmsten Länder der Welt, das bereits stark unter Extremwetter, Konflikten und wirtschaftlicher Instabilität leidet.
Humanitäre Organisationen stoßen an Grenzen
Wegen der Finanzierungskrise fällt es UNHCR und seinen Partnern zunehmend schwer, Hunderttausende Neuankömmlinge aus den überfüllten Grenzgebieten zum Sudan umzusiedeln. Dort leben die Flüchtlinge unter extrem schwierigen Bedingungen – ohne ausreichenden Zugang zu Nahrung und Wasser. Die Errichtung neuer Siedlungen, in denen sie lebenswichtige Hilfe erhalten hätten, musste nun gestoppt werden.
Die Kürzungen haben humanitäre Organisationen auch gezwungen, Programme auszusetzen, die Kindern, die ihre Familie verloren haben und somit besonders schutzbedürftig sind, Sicherheit bieten und dazu beitragen, Frauen und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen.
„Es ist traurig zu sehen, wie diese Bemühungen an einem Tag zusammenbrechen“, sagte Sabine Nana, eine UNHCR-Mitarbeiterin in Farchana, und bezog sich dabei auf ein Projekt zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und zur Unterstützung von Menschen, die auf der Flucht vor dem Krieg Gewalt ausgesetzt waren. Anstatt das Programm wie geplant auf 10 weitere Flüchtlingssiedlungen auszuweiten, wird es Ende Mai eingestellt.
Bis Ende Februar hatte UNHCR nur 14 Prozent der 409,1 Millionen Dollar erhalten, die es für die Unterstützung von Flüchtlingen und Vertriebenen im Tschad in diesem Jahr braucht.
Gemeinschaft der Flüchtlinge hält zusammen
Während die Flüchtlinge versuchen, mit der durch fehlende Gelder noch verschlimmerten Situation umzugehen, tun sich Engagierte aus der Gemeinschaft im Flüchtlingslager Farchana zusammen, um zu helfen. Eltern bauen einfache Klassenzimmer für die Kinder und teilen das wenige Essen, das sie bekommen, mit geflüchteten Lehrkräften, die weiter unterrichten – auch ohne Bezahlung.
„Die Gemeinschaft hat beschlossen, die Lehrer und Lehrerinnen weiterhin zu unterstützen, aber wie weit werden sie gehen?“, fragt Michel-Rene Bizoza, UNHCR-Beauftragter für Bildung in der Siedlung Farchana. „Es ist wirklich schwierig, damit umzugehen, aber wir sind hier bei ihnen, weinen zusammen und teilen die Last mit ihnen. Wir wissen, dass sie nicht allein sind – Flüchtlinge auf der ganzen Welt leiden. Wir hoffen, dass sich die Dinge zum Besseren wenden werden.“
Hochkommissar Grandi warnt vor schwerwiegenden Folgen
In einer kürzlich abgegebenen Erklärung sagte UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi: „Die brutalen Mittelkürzungen im humanitären Sektor gefährden das Leben von Millionen von Menschen.“ Er bezeichnete das Finanzierungsdefizit als „eine Krise der Verantwortung“ und sagte: „Die Kosten der Untätigkeit werden in Leid, Instabilität und verlorenen Zukunftschancen gemessen werden.“ Grandi ist diese Woche im Tschad, um mit Flüchtlingen zu sprechen, die vor dem Konflikt im Sudan geflohen sind und sich vor Ort ein Bild davon zu machen, wie sich die Kürzungen auf die humanitäre Hilfe in der Krise auswirken. (UNHCR)