Unruhen im Senegal: Im Senegal halten die Ausschreitungen und Proteste, die vergangenen Donnerstag in der Hauptstadt Dakar ausgebrochen waren, weiter an. Auslöser hierfür war die Verurteilung des insbesondere unter der jungen Bevölkerung beliebten Oppositionsführer Ousmane Sonko von der Partei Pastef-Patriots, der wegen unmoralischem Verhalten gegenüber einer Person unter 21 Jahren zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde; von den Vorwürfen der Vergewaltigung sprach das Gericht ihn frei. Sonko gilt als Präsidentschaftskandidat für die Wahlen im kommenden Jahr – sollte die Verurteilung aufrechterhalten bleiben, würde dies seinen Ausschluss aus dem Rennen bedeuten.
Bei den Unruhen, die zu den schwersten seit Jahrzehnten zählen, kamen laut offiziellen Angaben mindestens 16 Menschen, laut Amnesty International mindestens 23 Menschen, ums Leben; über 400 Personen wurden verletzt und mehr als 500 Menschen verhaftet. Zusätzlich zu den Sicherheitskräften, die mit Tränengas gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten vorgingen, waren in der Hauptstadt auch Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Darüber hinaus kam es zu erheblichen Sachschäden, Autos und Geschäfte wurden in Brand gesteckt und auch das Universitätsgebäude sowie eine Journalistenschule in Dakar trugen schwere Schäden davon. Im Zuge der Proteste schränkte die Regierung den Zugang zum Mobilfunknetz und zu sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und WhatsApp ein. Während das Innenministerium die Maßnahme am Sonntag damit rechtfertige, dass man die Verbreitung hasserfüllter und subversiver Botschaften verhindert wolle, kritisierten zivilgesellschaftliche Organisationen die Einschränkung als Verletzung der Pressefreiheit und forderten die vollständige Wiederherstellung des Zugangs.
Im Zuge der politischen Spannungen im Inland kam es auch zu Angriffen auf Konsulate im Ausland, woraufhin das senegalesische Außenministerium am Dienstag die vorübergehende Schließung von mehreren Konsulaten, darunter in Paris, Bordeaux, Mailand und New York, ankündigte. Am Mittwoch kündigte die Regierung zudem eine Untersuchung der Unruhen an. Während sich die Regierung und die Opposition für die politischen Unruhen, die seit Sonkos Anklage im März 2021 das Land immer wieder erschüttern (Pressespiegel KW 11/ 2023), gegenseitig die Schuld geben, fürchtet die Bevölkerung langfristige wirtschaftliche Folgen im Zuge der Ausschreitungen, insbesondere für den Tourismus und den Handel – galt Senegal doch jahrzehntelang als Stabilitätsanker in Westafrika – aber auch den informellen Sektor. Diese Sorge teilt auch die Regierung, denn die durch die monatelang anhaltenden Ausschreitungen verursachten Schäden haben das Land bereits mehrere Millionen US-Dollar gekostet. Darüber hinaus fürchten die Einwohnerinnen und Einwohner Dakars eine neue Welle der Gewalt, sollte der Haftbefehl gegen Sonko vollstreckt werden.
Aktuell hält sich Sonko an seinem Wohnsitz in Dakar auf, wo er seit dem Wochenende von Sicherheitskräften – nach seinen Aussagen unrechtmäßig – festgehalten wird. Auch die internationale Gemeinschaft beobachtet die Geschehnisse im Senegal mit zunehmender Besorgnis. So hatten u.a. UN-Generalsekretär António Guterres, der Präsident der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) die Gewalt bei den Protesten verurteilt und zur Ruhe aufgerufen. Auch die Europäische Union und Frankreich drückten Besorgnis über die Gewalt im Senegal aus. Im Nachbarland Gambia fordert derweil die Zivilgesellschaft die gambische Regierung auf, im Konflikt zu vermitteln, ähnlich, wie es die senegalesische Regierung 2016 in der politischen Krise in Gambia getan hatte.
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