Frankreich ändert Kurs in der Westsahara-Frage: Frankreich wird in der Westsahara-Frage künftig Marokkos Autonomieplan unterstützen. Dies geht aus einem Brief des französischen Präsidenten Emmanuel Macron an Marokkos König Mohammed VI., der am Dienstag sein 25-jähriges Thronjubiläum feierte, hervor.
Der von Marokko 2007 vorgeschlagene Autonomieplan, welcher für die Region einen gewissen Grad an autonomer Selbstverwaltung, allerdings unter der Souveränität Marokkos, vorsieht, sei laut Macron der “einzige Weg”, um den seit Jahren andauernden Konflikt um das Gebiet der Westsahara zu lösen. Die Gegenwart und Zukunft der Westsahara fielen in den Bereich der marokkanischen Souveränität, heißt es in dem Brief weiter. Damit bricht Frankreich klar mit seinem jahrzehntelangen Kurs gegenüber Marokkos Gebietsansprüchen, der den Autonomieplan zwar bereits zuvor schon als ernsthafte und glaubwürdige Diskussionsgrundlage zur Lösung des Konflikts bezeichnete, im Zusammenhang mit der Westsahara jedoch nie von marokkanischer Souveränität über das Gebiet gesprochen hatte.
Während der Kurswechsel von Paris in Marokko als bedeutsame Entwicklung begrüßt wurde, gab es harsche Kritik unter anderem vom Nachbarstaat Algerien, dessen Beziehungen zu Frankreich ohnehin als stark angespannt gelten. So verkündete Algerien, das die Sahraui-Befreiungsbewegung Frente Polisario, welche die Anerkennung einer unabhängigen Demokratischen Arabischen Republik Sahara fordert, unterstützt, am Dienstag, seinen Botschafter aus Paris abzuziehen. In einer Erklärung des algerischen Außenministeriums, das von Paris bereits einige Tage zuvor über dessen geplanten Schritt informiert worden war, wird der Kurswechsel der ehemaligen Kolonialmacht als politisches Kalkül und moralisch fragwürdiges Urteil kritisiert. Kritik gab es ebenfalls von Seiten der Frente Polisario. Mohamed Sidati, der Außenminister der selbsternannten Demokratischen Arabischen Republik Sahara, wirft Frankreich vor, Marokkos Expansionspläne auf dem afrikanischen Kontinent zu unterstützen, gegen das Völkerrecht zu handeln und den Sahrauis ihr Recht auf Selbstbestimmung zu verweigern.
Das Gebiet der Westsahara, das vorher unter spanischer Kolonialherrschaft stand, wurde 1975 von Marokko annektiert, was zu gewaltvollen Auseinandersetzungen zwischen der Frente Polisario, die sich als Vertretung der Sahrauis versteht, und Marokko führte. Den Vereinten Nationen, die die Westsahara als nicht-selbstverwaltetes Gebiet definieren, gelang es 1991 schließlich, einen Waffenstillstand auszuhandeln und eine Friedensmission einzurichten. Ein hier vorgesehenes Referendum über die Zukunft und Zugehörigkeit der Westsahara wurde jedoch aufgrund von Streitigkeiten über dessen genaue Durchführung nie umgesetzt. Seit dem Bruch des Waffenstillstandes und der Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes durch die Frente Polisario im Jahr 2020 kommt es immer wieder zu Gewalt.
Frankreich folgt mit seinem Kurswechsel zahlreichen westlichen Partnern, die Marokkos Autonomieplan bereits anerkennen. Hierzu zählen unter anderem Spanien, die USA sowie Israel. Auch 28 überwiegend afrikanische und arabische Staaten haben inzwischen Konsulate in Rabat eröffnet, was von Marokko als konkrete Unterstützung gewertet wird. Gleichzeitig reagiert Paris mit seinem Schritt auch auf anhaltende diplomatische Spannungen mit seinen ehemaligen Kolonien Algerien und Marokko und die Gefahr, beide Staaten als Partner zu verlieren. So werten einige Expertinnen und Experten die Neuausrichtung der französischen Position in der Westsahara-Frage als Zeichen bzw. Reaktion auf die gescheiterte Versöhnungspolitik mit Algier, die wiederum auch zu Spannungen zwischen Frankreich und Marokko geführt hatte. Aus französischen Diplomatenkreisen heißt es derweil, dass Paris weiterhin eine Festigung der französisch-algerischen Beziehungen anstrebe. Inwiefern sich Frankreichs Kurswechsel auf die weiteren Entwicklungen in der Westsahara-Frage und die Konfliktdynamiken auswirken wird, bleibt abzuwarten.
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