Dr. Pierrette Herzberger-Fofana MdEP: Geflüchtete Menschen als Arbeitskräfte oder Sündenböcke?

Dr. Pierrette Herzberger-Fofana MdEP: Geflüchtete Menschen als Arbeitskräfte oder Sündenböcke?Der Ton, der im Vorfeld des Migrationsgipfels angeschlagen wurde und aus vielen Reihen noch immer zu hören ist, ist sehr beunruhigend. Ein Narrativ, dass Migration nur als Problem sieht, schürt rassistische und diskriminierende Stimmungen. Mit einer derart problemorientierten Sicht auf Migration werden außerdem mögliche Lösungswege verspielt.  In den meisten EU-Ländern werden Geflüchtete als Belastung empfunden, weil rechtsextreme Parteien mit fremdenfeindlichen Parolen Geflüchtete zu Sündenböcken machen, um daraus politisches Kapital zu schlagen.

In vielen Branchen werden in Deutschland händeringend Arbeitskräfte gesucht. Deutsche Führungskräfte aus der Wirtschaft fahren ins Ausland, um dort Fachkräfte anzuwerben, oder  inserieren in ausländischen Fachzeitschriften. Viele Menschen, die sich auf den Weg nach Europa bzw. nach Deutschland machen, sind gut ausgebildet und wollen arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Viele andere wollen schlicht ihre Fähigkeiten einsetzen und sich weiterbilden.

Dazu erklärt Dr Pierrette Herzberger-Fofana, 1.Vizepräsidentin des Entwicklungsauschusses  und Parlamentarischen Paritätischen Versammlung EU-AKP (Afrika, Karibik, Pazifik): „Flüchtlinge vom Arbeitsmarkt fernzuhalten, ihre Qualifikationen und Motivation zu ignorieren  und sie damit zur Untätigkeit zu verdammen, ist falsch. Das wiederholte einseitige Narrativ, dass Migrant*innen nur nach Deutschland kommen, um Sozialleistungen zu erhalten, ist purer Populismus. Niemand verlässt seine Heimat ohne triftigen Grund. Je länger diese Menschen vom Arbeitsmarkt  ferngehalten  werden,  desto  länger  müssen  sie  auch  mit  Steuergeldern  unterstützt werden.“

Auf menschlicher und wirtschaftlicher Ebene ist es das einzig Richtige, den Geflüchteten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.  Menschen, die aus eigener Kraft anpacken können: vor Ort und für nachfolgende Generationen.

Ob der aktuelle EU-Migrations-und Asyl-Pakt eine Entspannung der Situation bringen wird, bleibt abzuwarten.  Die EU entzieht sich ihrer Verantwortung, indem sie das Migrationsthema auf Drittstaaten abwälzt. An Länder, in denen Menschenrechte nicht ihre Stärke sind, wie Tunesien, Libyen etc… Solche Abkommen werden weder die Migration stoppen, noch die Menschenhändler davon abhalten, neue Routen zu suchen und noch mehr Geld aus den Taschen dieser verzweifelten Menschen zu ziehen. Solidarität und Empathie sind aus der EU gewichen. Wir müssen uns fragen, wie wichtig uns die europäischen Werte wirklich sind.