
Neue Forschungsergebnisse, die diese Woche afrikanischen Führungskräften auf der zweiten Panafrikanischen Eselkonferenz (PADCo) am 26. und 27. Juni 2025 in der Côte d’Ivoire vorgestellt werden, zeigen: Fast die Hälfte (41 %) der befragten Eselhalter*innen berichtet von Esel-Diebstahl – angetrieben durch die wachsende Nachfrage nach ejiao, einer traditionellen chinesischen Medizin, die aus Eselsgelatine hergestellt wird.
Jährlich werden mindestens 5,9 Millionen Esel für ihre Haut geschlachtet, um ejiao zu produzieren. Die Tiere leiden dabei in jeder Phase – vom Raub und Transport bis zur grausamen Tötung. In China, einst das Land mit der weltweit größten Eselpopulation, sind Esel durch diesen Handel nahezu verschwunden. Jetzt verlagert sich die Industrie zunehmend nach Afrika, Asien und Südamerika.
Gestohlene Esel, gestohlene Zukunft
Der neue Bericht „Stolen Donkeys, Stolen Futures“ dokumentiert erstmals im Detail die unsichtbare Krise, die Afrikas Frauen und Kinder durch die eskalierende ejiao-Nachfrage trifft. Die im Fachjournal Human Animal Interaction am 26. Juni veröffentlichte, begutachtete Studie zeigt: In ländlichen Regionen Kenias sind Esel-Diebstähle weit verbreitet – in einer untersuchten Gemeinde berichteten 29 von 30 Frauen (über 90 %), dass ihnen ihre Esel gestohlen wurden.
Der Verlust eines Esels bedeutet weit mehr als den Verlust eines Tieres – für viele Familien ist er existenzbedrohend. Besonders hart trifft es Frauen und Kinder: Mädchen müssen die Schule abbrechen, was ihre Bildung, Selbstständigkeit und Chancen auf Gleichberechtigung massiv beeinträchtigt. Frauen tragen körperlich und emotional die Hauptlast, weil sie nun die Arbeit übernehmen müssen, die zuvor vom Esel erledigt wurde.
Der Bericht zeigt auch, dass in manchen Regionen das Haushaltseinkommen nach dem Verlust eines Esels im Schnitt um 73 % zurückgeht – oft der Unterschied zwischen einem einfachen Überleben und völliger Verarmung. Er enthält außerdem eindringliche Erfahrungsberichte von Eselhalter*innen über die wirtschaftlichen, körperlichen und seelischen Folgen des Eselverlusts.
Anne Odari Onditi, Schatzmeisterin des kenianischen Eselhalter*innen-Verbandes, erklärt: „Wenn Esel für den Fellhandel gestohlen werden, bedeutet das unermessliches Leid für unsere Gemeinden. Familien verlieren ihre Existenzgrundlage, Frauen müssen plötzlich allein schwere Lasten tragen. Es ist herzzerreißend zu sehen, wie schnell unsere Esel verschwinden – und wie sehr wir sie vermissen.“
Die Forschung liefert eindeutige Beweise dafür, dass die Ausbeutung der afrikanischen Esel den Fortschritt in Richtung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung – insbesondere Gleichstellung der Geschlechter und Armutsbekämpfung – massiv untergräbt.
Präsentation auf der PADCo
Dr. David Obiero, Hauptautor der Studie, wird die Ergebnisse auf der Konferenz präsentieren, die von der Afrikanischen Union (AU) über das Interafrikanische Tierressourcenbüro (AU-IBAR) veranstaltet wird. Unterstützt wird sie von der Internationalen Koalition für Arbeitstiere (ICWE), zu deren Gründungsmitgliedern The Donkey Sanctuary gehört.
Die Konferenz folgt dem historischen Beschluss der Afrikanischen Union aus dem Februar 2024, ein Verbot der Eselsschlachtung für die Hautverarbeitung zu erlassen und eine kontinentweite Strategie zum Schutz der Tiere zu entwickeln. Dr. Obiero sagt:
„Die Aussagen der Frauen zeigen: Esel sind weit mehr als Nutztiere – sie sind Lebensretter, Mitarbeiter und Gefährten. Eine Befragte nannte ihren Esel sogar ihre ‚Zweitfrau‘. Eine andere erklärte, der Esel trage mehr zum Haushaltseinkommen bei als ihr Ehemann.“
Appell an Regierungen
Auf Grundlage der Studie gibt der Bericht eine Reihe von Empfehlungen an Regierungen, internationale Organisationen, den Transportsektor und die ejiao-Industrie, um die negativen Auswirkungen des Fellhandels zu stoppen.
Marianne Steele, Geschäftsführerin von The Donkey Sanctuary, betont: „Diese Forschung zeigt klar, wie verheerend der Handel mit Eselsfellen ist – insbesondere für Frauen und Kinder. Wir hoffen, dieser Bericht wird ein Weckruf für afrikanische Regierungen und die internationale Gemeinschaft, endlich entschlossen gegen dieses Menschen- und Tierschutzdrama vorzugehen.“ Jessica Stark, Vorsitzende der ICWE, ergänzt: „Afrikas Esel – und die Frauen und Kinder, die auf sie angewiesen sind – laufen Gefahr, in kürzester Zeit völlig zu verschwinden.
Diese Konferenz ist eine große Chance für Afrikas Führungskräfte, ihre 2024 getroffenen Verpflichtungen zu bekräftigen und gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, um einen der wertvollsten Schätze des Kontinents zu schützen.
Wir hoffen, alle Mitgliedstaaten nutzen diese Gelegenheit, um dieser eskalierenden Katastrophe für Mensch und Tier ein Ende zu setzen.“ (PM The Donkey Sanctuary)