
In den letzten Wochen haben die dschihadistischen Angriffe in Mali stark zugenommen. Mehrere Militärlager und -posten wurden von zwei rivalisierenden Gruppen attackiert: dem al-Qaida-nahen Jamaat Nusrat al-Islam wal-Muslimin (JNIM) sowie dem Islamischen Staat in der Sahelzone. Die Angriffe forderten zahlreiche Todesopfer unter den malischen Soldaten. Gleichzeitig gab die russische Söldnergruppe Wagner am Freitag, dem 6. Juni, ihren Abzug aus Mali bekannt. An ihre Stelle tritt nun das „Africa Corps“, das direkt dem russischen Verteidigungsministerium untersteht. Bedeutet diese Entwicklung einen Wendepunkt?, fragt sich RFI.
Seit fast 15 Jahren Krieg gegen den Terror
Mali befindet sich seit fast 15 Jahren im Kampf gegen dschihadistische Gruppen. Doch wie neu und stark ist diese aktuelle Offensive? Laut den jüngsten Mitteilungen der malischen Armee selbst ist von einer „neuen Dynamik dunkler Angriffe“ und einer „Zunahme feiger und barbarischer Attacken“ die Rede. Dennoch bestreiten die Übergangsbehörden, dass die Dschihadisten an Boden gewinnen. Sie betonen weiterhin den behaupteten „Aufschwung“ der eigenen Armee. Laut dem malischen Generalstab handle es sich nur um „das letzte Aufbäumen eines bereits besiegten Feindes, der von identifizierten ausländischen Kräften künstlich am Leben gehalten wird.“ Ohne konkrete Beweise wird hierbei immer wieder Frankreich unterstellt, die Aufständischen zu unterstützen – eine häufig wiederholte Anschuldigung, die offiziell nie belegt wurde.
Reihe tödlicher Angriffe
Ungeachtet dessen erschütterten Mali in den letzten Wochen mehrere verheerende Angriffe auf militärische Ziele:
- Am 23. Mai wurde das Lager Dioura angegriffen – rund 40 Tote.
- Am 1. Juni folgte ein Angriff auf Boulikessi – etwa 100 Soldaten kamen ums Leben.
- Am 4. Juni traf es Tessit – erneut rund 40 Tote.
Diese erschütternden Opferzahlen wurden von verschiedenen malischen Sicherheitsquellen bestätigt, obwohl die Behörden in Bamako keine offiziellen Angaben zu den eigenen Verlusten machen. Teilweise werden Angriffe sogar vollständig verschwiegen. Zudem gab es koordinierte Attacken in Timbuktu, am Grenzposten Mahou zu Burkina Faso und in Mamaribougou nahe der Hauptstadt Bamako. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.
Offizielle Darstellung: Sicherheit habe sich verbessert
Trotz dieser Eskalation erklärte Außenminister Abdoulaye Diop kürzlich in einem Interview, dass das „allgemeine Unsicherheitsniveau drastisch gesunken“ sei. Die Bevölkerung erlebt die Lage vielerorts allerdings anders. In mehreren Regionen wurden zuletzt nächtliche Ausgangssperren verhängt.
Die malische Armee reagiert mit Drohnenangriffen, unter anderem in der Region Kidal und in der Gegend um Tessit. In den staatlichen Medien wird betont: „Die Suche und Zerschlagung bewaffneter Terrorgruppen geht im ganzen Land weiter.“ An der rein militärischen Strategie der Regierung in Bamako wird nicht gerüttelt.
Wagner geht, Africa Corps kommt
Vor diesem Hintergrund gab Wagner nach rund dreieinhalb Jahren Einsatz offiziell seinen Abzug bekannt. Seit Dezember 2021 war die Gruppe in Mali aktiv. Russland selbst bleibt jedoch präsent: Wagner wird nun durch das „Africa Corps“ ersetzt, das direkt dem russischen Verteidigungsministerium unterstellt ist. Dieser Wechsel hatte sich seit dem Tod des Wagner-Chefs Jewgeni Prigoschin im August 2023 und der schrittweisen Übernahme durch den Kreml abgezeichnet. Die Modalitäten der neuen russischen Präsenz bleiben ebenso intransparent wie zuvor. Wie viele Kämpfer das Africa Corps entsenden wird, ob sie besser ausgerüstet sein werden oder ob sich ihr Einsatzprofil ändert, ist bislang unklar. Schätzungen zufolge waren bislang zwischen 1.000 und 2.500 Wagner-Söldner im Einsatz.